Kohl-Prozess am Oberlandesgericht Köln: Schmerzensgeld nicht vererbbar

Kohls Ex-Ghostwriter hat aus vertraulichen Tonbändern ein Buch fabriziert. Maike Kohl-Richter wird dafür aber wohl keine Entschädigung erhalten.

Portr#t Maike Kohl-Richter

Maike Kohl-Richter darf jetzt drei Monate darüber nachdenken, ob sie dem Angebot der Richterin folgt Foto: dpa

FREIBURG taz | Maike Kohl-Richter, die zweite Ehefrau von Helmut Kohl, erhält wohl kein Schmerzensgeld von Kohls ehemaligem Ghostwriter Heribert Schwan. Das zeichnete sich in der mündlichen Verhandlung am Oberlandesgericht (OLG) Köln ab.

Der Journalist Schwan schrieb die ersten drei Bände von Kohls Memoiren. Zur Vorbereitung sprach Schwan mit Kohl 2001 und 2002 rund 600 Stunden lang über dessen Leben. Beim vierten Band der Autobiographie kam es jedoch zum Streit und die Zusammenarbeit wurde beendet.

Im Herbst 2014 erschien dann ein Buch von Schwan, bei dem er die alten Tonbänder auswertete: „Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“. Das Buch sorgte für Furore, weil Kohl in den Gesprächen mit Schwan unverblümt über andere Politiker hergezogen war. Unter anderem hatte er die Tischsitten von Kanzlerin Angela Merkel kritisiert.

Kohl, der damals noch lebte, klagte gegen Schwan, dessen Co-Autor Tilman Jens und deren Verlag Random House. Er verlangte fünf Millionen Euro Schmerzensgeld. Die Keller-Gespräche mit Schwan seien vertraulich gewesen. Dass Schwan ihn nun mit der Veröffentlichung bloßstelle, verletze sein Persönlichkeitsrecht.

„Namhafter Betrag“ als Gewinnbeteiligung

Nach einigem Hin und Her gab das Landgericht Köln im April 2017 Kohl grundsätzlich Recht. Es sprach ihm eine Million Euro Schmerzensgeld zu. Die Richter blieben zwar deutlich unter Kohls Forderung, aber es war immer noch der höchste Betrag, der bislang nach deutschem Recht wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung zugesprochen wurde. Gegen das Urteil gingen sowohl Kohl als auch Schwan und der Verlag in Berufung.

Doch Helmut Kohl starb kurz nach dem Urteil, im Juni 2017. Nun führte seine zweite Ehefrau Maike Kohl-Richter das Verfahren als Erbin fort. Allerdings hatte der BGH schon 2014 festgestellt, dass solche höchstpersönlichen Ansprüche nicht vererbbar sind. Und im Mai 2017 hatte der BGH präzisiert, dass dies auch dann gilt, wenn der Anspruch schon eingeklagt wurde, aber noch nicht rechtskräftig geworden ist.

Maike Kohl-Richter gab dennoch nicht auf. Vor dem OLG Köln argumentierten ihre Anwälte, dass im Fall des Ex-Kanzlers etwas anderes gelten müsse. Er sei eine „absolute Person der Zeitgeschichte von herausragender Bedeutung“, argumentieren sie.

Die Vorsitzende Richterin Margarete Reske deutete aber an, dass auch Schmerzensgeldansprüche von Helmut Kohl nicht vererbbar seien. Sie regte statt dessen einen Vergleich an, mit dem auch drei andere Prozesse an den Kölner Gerichten erledigt würden. Der Verlag und die Autoren könnten Kohl-Richter einen „namhaften Betrag“ als Gewinnbeteiligung überweisen, so Reske. Außerdem könnten sie sich verpflichten, eine weiteren Auflage des „Vermächtnis“-Buches zu unterlassen und die noch bei ihnen vorhandenen Tonbandkopien dem Bundesarchiv in Koblenz oder der Konrad-Adenauer-Stiftung zugänglich zu machen.

Für Verhandlungen über diese Anregung haben die Parteien noch drei Monate Zeit. Das Urteil soll erst am 29. Mai verkündet werden.

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