: König Kurt bleibt
Per geheimes Votum suchte die sächsische PDS Biedenkopf zu stürzen. Vergebens. Die Abstimmung war offen – die Reihen der CDU geschlossen
DRESDEN taz ■ Freiwillig wollte Kurt Biedenkopf ohnehin nicht gehen – zwingen konnte ihn die Opposition gestern auch nicht. Der Sächsische Landtag lehnte auf einer Sondersitzung eine PDS-Initiative, die den Sachsenherrscher zum Rücktritt zwingen sollte, ab. Die Umstürzler von SPD und PDS mussten sogar drei Enthaltungen verzeichnen.
Um zu testen, ob Biedenkopf in den eigenen Reihen noch über eine absolute Mehrheit verfügt, wollte die PDS eine geheime Abstimmung erzwingen – quasi der Weg eines Misstrauensantrags. Fraktionschef Peter Porsch suchte diesen Weg mit steigenden und sinkenden Zahlen zu begründen: Steigend die Zahlen der Jugendarbeitslosen, der Politikverdrossenen, der Elternbeiträge für Kitas oder der Kommunalverschuldung; sinkend die Investitionsraten, Sozialhilfesätze oder die Haushaltsmittel für Bildung. Die aktuellen Debatten über persönliche Vorteilnahme des Regierungschefs seien lediglich „Indizien für einen missglückten Politikstil, der Sachsen in Verruf zu bringen droht“.
War Porschs Rede wenig überzeugend, so war die Erwiderung von CDU-Fraktionschef Fritz Hähle noch schwächer. Sein Argument, den Antrag der PDS abzulehnen: Hitler. Das von der PDS vorgeschlagene Prozedere sei nämlich ein destruktives Misstrauensvotum. Die sächsische Landesverfassung sehe aber nur ein konstruktives – also ein mit einem alternativen Personalvorschlag verknüpftes – vor. Und das mit gutem Grund, hätten doch die Konstruktionsfehler der Weimarer Verfassung – nach Hähle das destruktive Misstrauensvotum – Hitler an die Macht gebracht.
Auf Biedenkopf folgt in Sachsen kein neuer Hitler. Die PDS hatte in zweierlei Hinsicht keinen Erfolg: Die Abstimmung war nicht geheim, sondern offen – und die Reihen der CDU blieben geschlossen. Für Spannung hatte allenfalls das Geschehen am Rande gesorgt: Der Polit-Talker und CDU-Landesvize Heinz Eggert hatte im Rundfunk erklärte: „Ein Rücktritt ist die sauberste Lösung, wenn all das, was ihm vorgeworfen wird, stimmt.“ Was wie eine Rücktrittsforderung aus den eigenen Reihen klingt. Eggert beeilte sich allerdings anzufügen: „Bis jetzt haben wir aber die Dinge noch nicht prüfen lassen.“ In der Landtagssitzung war er dann der lauteste Kritiker des – geplanten – Misstrauensantrages. NICK REIMER
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