Kölner Krisen-Fußball: Mit der Schlinge um den Hals

Kölns Trainer Zvonomir Soldo steht nach der 1:2-Niederlage in Hannover kurz vor seiner Entlassung, beweist aber dennoch eine gehörige Portion Galgenhumor.

Hängende Köpfe: Die Kölner Spieler nach der Niederlage in Hannover. Bild: dapd

HANNOVER taz | Sein gut gemeinter Applaus forderte noch mehr Pfiffe heraus. Als Lukas Podolski und sieben seiner Mitspieler reumütig zu jener Fankurve schlichen, in der rund 2.000 mitgereiste Fans des 1. FC Köln getröstet werden wollten, musste dieser mutige Annäherungsversuch schnell als gescheitert betrachtet werden. Das Pfeifkonzert wurde immer lauter. Die Enttäuschung über die 1:2-Niederlage bei Hannover 96 war zu groß.

"Wir haben immer noch die Qualität, um aus dieser Situation herauszukommen", glaubte Zvonimir Soldo und lächelte angesichts seiner drohenden Entlassung fast trotzig. Der Trainer des strauchelnden 1. FC Köln muss jetzt darauf hoffen, dass sich in der Vereinsführung jemand findet, der immer noch die nötige Geduld hat.

Die nahe Zukunft eines Trainers, der in Hannover schon die sechste Niederlage in dieser Saison hinnehmen musste, dürfte vor allem in den Händen von Wolfgang Overath liegen. Der Präsident war vor der Partie im Niedersächsischen auf Tuchfühlung zur Mannschaft gegangen. Gemeinsame Anreise mit dem Zug, eindringliche Worte an die Spieler, ein demonstrativer Besuch vorm Anpfiff in der Kabine: Overaths Handeln rund um den 9. Spieltag dürfte für Soldo schon Warnung genug gewesen sein.

ERGEBNISSE:

HSV - Bayern München 0:0

Frankfurt - Schalke 0:0

M'gladbach - Bremen 1:4

SC Freiburg - Kaiserslautern 2:1

Hannover 96 - 1. FC Köln 2:1

Nürnberg - VfL Wolfsburg 2:1

Sonntag, 24.10.2010:

Dortmund - Hoffenheim 15.30

Leverkusen - Mainz 17.30

VfB Stuttgart - St. Pauli 17.30

* * *

TABELLE (Tordiff./Pkte.):

1. Borussia Dortmund 20:6 21

2. FSV Mainz 05 18:8 21

3. Hannover 96 13:12 16

4. Bayer Leverkusen 18:14 15

5. Hamburger SV 13:11 15

6. SC Freiburg 14:14 15

7. 1899 Hoffenheim 16:12 14

8. Werder Bremen 17:18 14

9. Eintracht Frankfurt 14:9 13

10. FC St. Pauli 11:10 13

11. Bayern München 8:8 12

12. 1. FC Nürnberg 11:12 12

13. VfL Wolfsburg 15:16 10

14. 1. FC Kaiserslautern 10:18 7

15. FC Schalke 10:16 6

16. Bor. Mönchengladbach 14:27 6

17. 1. FC Köln 9:17 5

18. VfB Stuttgart 14:17 4

"Ich gehe davon aus, aber ich bin der falsche Ansprechpartner dafür", sagte der Kroate auf die Frage, ob er am Dienstag im Pokalspiel gegen 1860 München noch Trainer des 1. FC Köln sein wird. Die Mehrheit jener Fans, die die Reise nach Hannover angetreten haben, fordern den Rauswurf von Soldo und Manager Michael Meier. "Wir ham die Schnauze voll", sang die Kölner Anhängerschar schon von der 15. Spielminute an, weil die Partie in Hannover zu diesem Zeitpunkt im Grunde schon verloren war.

Ein energisches Aufbäumen, das Soldo den Arbeitsplatz noch retten könnte, war bei seinen Spielern in Hannover nicht zu erkennen. "Wir können da nur alle zusammen rauskommen", sagte Martin Lanig, der fünf Minuten vor dem Abpfiff zumindest den Ehrentreffer für die harmlosen Kölner erzielen konnte.

Nationalstürmer Podolski hatte als einziger Stürmer die Ärmel immerhin hochgekrempelt. Aber die Unterstützung für ihn, an der sich nach der Halbzeitpause auch der eingewechselte Novakovic beteiligen durfte, reichte nicht aus. Als die Niederlage besiegelt war, schlich die Mehrheit der Kölner Spieler wortlos davon. Hängende Köpfe und zuckende Schultern sollten wohl Antworten auf die vielen Fragen nach einer Misere sein, an deren Ende der fünfte Erstliga-Abstieg in der Kölner Vereinsgeschichte stehen könnte.

Es sprach für das Rückgrat von Adam Matuschyk, der an diesem tristen Samstag ein ganz schlechtes Spiel gemacht hatte, dass er als einer der wenigen Spieler doch noch etwas zur bedrohlichen Lage bei seinem Arbeitgeber sagen wollte. "Die negative Stimmung belastet uns. In Köln ist es extrem, wenn es nicht läuft", sagte der kleine Mittelfeldspieler. Es habe zwar gut getan, dass Präsident Overath noch einmal eine motivierende Ansprache vor der Mannschaft gehalten habe.

Trotzdem erinnerten die kleinlaut vorgetragenen Durchhalteparolen von Matuschyk an das berühmte Pfeifen im dunklen Wald. "Der Trainer erreicht uns noch", hieß es zum Verhältnis zwischen Soldo und einer Mannschaft, die sich gegen Hannover 96 so gut wie gar nicht durchsetzen konnte. "Wenn die Punkte fehlen, dann wirst du als Trainer eben infrage stellt", sagte Soldo und setzte bei all seinen Stellungnahmen ein recht merkwürdiges Grinsen auf. Es sah so aus, als wolle der 42-Jährige seinem Schicksal mit einer großen Portion Galgenhumor begegnen.

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