Kölner Gastronom zu Silvesterübergriffen: „Die Polizei hat kapituliert“
Yediyar Isik beschreibt, dass sich die Situation am Hauptbahnhof schon seit Monaten verschärft. Und er beklagt mangelnde staatliche Härte.
Herr Isik, hat Sie das Chaos in der Kölner Silvesternacht überrascht?
Nein, das war vorauszusehen. Für mich ist es nicht nachvollziehbar, warum jetzt so getan wird, als sei man davon überrascht worden. Wir hatten in den vergangenen Wochen und Monaten immer mehr Ärger an der Tür. Es gab Versuche, in den Laden zu gelangen ohne zu bezahlen, und immer mehr Taschendiebstähle. Und da waren leider, muss man sagen, viele Asylbewerber darunter. Leute, die kaum Deutsch können, aus Marokko, Algerien, Tunesien, aber auch aus Afghanistan und Syrien.
Woher wissen Sie das?
Wir wissen das aus Gesprächen und aus den Papieren, die wir uns angeschaut haben, wenn es zu Festnahmen kam oder die Personalien festgestellt wurden. Solche Vorfälle haben in den vergangenen Monaten stark zugenommen. Wir haben deshalb monatelang gewarnt, die Polizei müsse mehr Präsenz zeigen. Und wie oft wir die Polizei gerufen haben! Aber die brauchte oft bis zu 40 Minuten und kam immer so spät, dass wir uns gefragt haben, ob wir sie überhaupt noch rufen sollen.
Wie haben Sie die Silvesternacht erlebt?
Ich bin seit über 22 Jahren in der Branche tätig, aber so etwas habe ich noch nie erlebt. 200 Leute haben an diesem Abend versucht, in unseren Laden einzudringen. Unsere Security war hilflos, und es war weit und breit keine Polizei zu sehen. Nach Silvester hieß es dann, wir hatten zu wenig Personal.
Es waren sicher einige Tausend auf der Domplatte, und die Stimmung war sehr aggressiv. Die Diebstähle waren nichts Neues, das ist für solche Großveranstaltungen normal. Aber es waren ja nicht nur Diebstähle. Paare wurden umringt und die Frauen abgedrängt, da ging es nicht nur um Raub, ich musste deshalb mehrmals persönlich eingreifen. Und es gab Massenschlägereien, direkt vor den Videokameras. Es muss ziemlich klare Aufnahmen geben, die Leute wurden gefilmt. Aber es kam keine Polizei.
Warum ist das ausgerechnet in Köln passiert?
ist Gastronom und betreibt den Klub Domhof, der direkt am Kölner Hauptbahnhof liegt.
Hier ist die Polizei sehr lasch und die Gerichte sind schwach, das ist bekannt und das hat sich herum gesprochen. Ich glaube, manche von diesen Leuten haben vorher schon Jahre in Spanien, Frankreich oder Italien gelebt und die Chance gesehen, mit der großen Flüchtlingswelle nach Deutschland zu kommen. Wir haben dadurch jetzt massive Probleme. Unsere Gäste müssen mit dem Zug ankommen, hier gibt es kaum Parkplätze, und wir haben unsere Security verdreifacht.
An Silvester hat die Polizei kapituliert. Uns wurde immer gesagt: Man kann denen nichts nachweisen, man kann sie nicht abschieben. Ich glaube, man hat es eskalieren lassen. Die Hilflosigkeit der Polizei und der Stadt macht uns Angst.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag