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Kölner "Autonomes Zentrum" nicht geräumtErfolg für Barrikadenbauer

Wasserwerfer standen schon bereit, doch in letzter Sekunde wird die Räumung des "Autonomen Zentrums" gestoppt. Am Freitag soll ein Mietvertrag aufgesetzt werden.

Das ist unser Haus! Besetzer vorm Autonomen Zentrum. Bild: dpa

KÖLN taz | Lange haben die BesetzerInnen ausgeharrt. Noch etwa vierzig sind es, die die Stellung gehalten haben. Sie sehen übermüdet aus, einige haben die vergangenen drei Tage kaum geschlafen. Doch am Donnerstag um kurz vor zwölf scheint ihr Kampf verloren.

Ein Wasserwerfer richtet seine Spritzkanonen auf die große Barrikade vor dem "Autonomen Zentrum" im Kölner Stadtteil Kalk. Räumfahrzeuge kommen. Die erste Hundertschaft rückt vor. Die Polizei verschickt eine SMS an Journalisten: "Die Räumung hat soeben begonnen." Ein Besetzer summt lakonisch: "Der Traum ist aus." Vorschnell. Der Polizeieinsatz wird in letzter Sekunde gestoppt. Es folgt eine zweite SMS: "Keine Räumung. Gespräche wieder aufgenommen."

Seit fast einem Jahr ist die ehemalige Betriebskantine der Firma Klöckner-Humboldt-Deutz nun bereits besetzt. "Die Besetzung hat das Ziel, einen Raum zu schaffen, der abseits von Konsumzwang, Diskriminierung und Repression Platz für kreatives, politisches und kulturelles Leben bietet", erklärten seinerzeit die überwiegend jugendlichen AktivistInnen der Kampagne "Pyranha", die die Besetzung initiierten. Seitdem zog wieder Leben in das zweigeschossige Gebäude ein, das eine Immobilientochter der Stadtsparkasse Köln-Bonn jahrelang leer vor sich hin hatte gammeln lassen.

Mit wenig Geld, aber umso mehr Engagement entstanden Ateliers, Arbeitsräume, Holz-, Metall- und Farbwerkstätten, eine kleine Bibliothek, eine Fahrradwerkstatt, ein Infoladen, ein "Umsonst-Laden" und ein "autonomer Wintergarten". Zahlreiche Diskussionsveranstaltungen, Workshops und Ausstellungen fanden im "Autonomen Zentrum" statt – und noch mehr Konzerte und Partys.

Vergebliche Legalisierungsversuche

Von Anfang an bemühten sich die BesetzerInnen um eine Legalisierung ihres "Autonomen Zentrums". Doch bei der Sparkasse stießen sie bis gestern auf taube Ohren. Immer wieder hätten sie um Gesprächstermine gebeten. Erfolglos. Nachdem das Geldinstitut einen Räumungstitel erwirkt hat, eskalierte die Situation Anfang der Woche. Die BesetzerInnen begannen mit dem Barrikadenbau.

Gleichzeitig kündigten sie an, passiven Widerstand zu leisten. Am Donnerstagmorgen schien es dann so weit so zu sein – obwohl Kölns Polizeipräsident Klaus Steffenhagen dem SPD-Oberbürgermeister Jürgen Roters schriftlich seine Bedenken gegen eine Räumung mitgeteilt hatten. Die BesetzerInnen hätten sich schließlich bislang stets friedlich verhalten. Außerdem sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit "mit der zeitnahen Besetzung eines Ersatzobjektes zu rechnen".

Für 7 Uhr war die Räumung angesetzt. Aber mehrere Ultimaten der Polizei verstrichen konsequenzenlos – nicht zuletzt ein Erfolg zweier Vermittler: Jörg Frank von den Grünen und Jörg Detjen von der Linkspartei. Sie schafften es in stundenlangen Verhandlungen, den Sparkassenvorstand und die BesetzerInnen zu gemeinsamen Gesprächen über einen Mietvertrag zu bewegen.

Noch am Donnerstagnachmittag trafen sich ihre Abordnungen erstmalig auf neutralem Gebiet. Dabei einigte man sich darauf, dass am heutigen Freitag ein ordentlicher Mietvertrag aufgesetzt werden soll. Die Polizei öffnete ihre Absperrungen. Der Weg zum Autonomen Zentrum ist wieder frei.

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17 Kommentare

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  • S
    Sozialpädagoge

    Ich rage mich ernsthaft, ob die taz ein Teil des kriminellen Kölner Klüngels ist, denn alle Kommentare von mir bzgl. der Kölner Polit-Verwaltungs-Vergehen und ihrer rechtsradikalen und/oder neoliberalen Freunde, die in der taz breiten Raum für ihren reaktionären Blödsinn bekommen, sind unterdrückt worden.

    Und dies, obwohl alle Kommentare P. Beucker bestätigten und in Köln die Ansicht aufgeklärter Kölner wie W. Schmickler , G. Wallraf, J. Becker und vielen anderen wiedergeben, oft noch nicht mal so radikal wie diese.

    Warum unterdrückt ihr Aufklärung über das, was in Köln passiert? Wer bezahlt euch dafür? Oder seit ihr nur beleidigt, weil engagierte Kölner meist mehr wissen wie eine taz, die ab Hannover nach Süden jeden Überblick verliert.

    Ein Armutszeugniss, wenn man seine Liberalität nur nach rechts unter Beweis stellt.

    Ich erwarte eine Antwort auf diese Frage, selbst wenn ihr wieder zu feige seit dies zu publizieren.

    Der Text wird auch noch andersweitig verbreitet.

  • M
    meera

    den leuten sollte gehofen werden

    diesen ort in ein begenungszentrum

    umzugestalten..

    es kann nicht angehen

    dass sich nur industrielle breit machen..

    menschen zum arbeiten bei ihnen verpflichten

    und es keine freiräume gibt für treffen ..

    ausser verantstaltungen und kneipen

    wo sich alles nur um den alkoholkonsum dreht.. ansonsten die reichen immer reicher

    auf kosten der armen werden

    .. der alkohol hat mittlerweile zig millionen abhängige geschaffen

    die in teure therapien eingewiesen werden

    die nix bringen ausser die betreiber zu berreichern..

     

    kommunikation

    ist zwingend not-wendig

    zur freien entfaltung...

    in einem land wo abgesahnt wird

    auf kosten des lebensraums und der gesundheit.

     

    .für weitere gespräche stehe ich zur verfügung

    und kann wege aufzeigen

    solche orte zu permanenten anlaufplätzen OASEN

    umzugestalten

    wo entwicklung passiert

    auch ausserhalb der gebäude..

     

    freue mich SONNTAG

    auf ein kennenlernen..

     

    lg

    meera

  • A
    Anti-Murat

    Nummer eins:

    Hier wurde nichts zerstört, hier wurde im Grunde genommen "renoviert".

     

    Nummer zwei:

    Von Schwerkriminellen kann absolut NICHT die Rede sein. Hier wurde ein Gebäude, welches Jahre lang nutzlos leer stand, mit einem unglaublich hohen Maß an Friedlichkeit besetzt. Dem Gebäude wurde ein Sinn zugeführt, der etwaige Rechtsbrüche bei Weitem überwiegt. Streiten kann man darüber, ob man hier früher schon einen Verein hätte gründen müssen, um eine gewisse Rechtsverbindlichkeit zu schaffen, jedoch geht es einem Autonomen Zentrum sicherlich auch darum, einige herrschende Gesetze in Frage zu stellen.

    Die Räume der Grünen werden im Übrigen genutzt. Der Vergleich hinkt an allen Ecken und Kanten.

  • SH
    Schwerkriminelle: ? HandwerkerInnen, KünstlerInnen, Menschen

    1. Das Haus war quasi durch Verfall kurz vor der Zerstörung und ein Abriss hätte nichts anderes bedeutet.

     

    2. Die Menschen in dem AZ haben höcht professionell und unter Einsatz ihrer Zeit und Arbeitskraft das Haus für alle Menschen nutzbar gemacht. (selbst Bausachverständige und Feuerwehr waren beeindruckt).

     

    3. Selbst nach gängigem bürgerlichem Rechtsverständnis kann man Menschen, die explizit keine Gewalt anwenden wollen dies betonen -und auch nicht angewendet haben- und verhandeln wollen, wohl schwerlich als Schwerkriminelle bezeichnen.

     

    4. Lieber Murat: Im Internet irgendeinen Kram verzapfen und rumpöbeln kann jeder und es ist dein gutes Recht. Aber bitte informiere dich doch -ernsthaft und kritisch- und "BILDe" dir dann deine Meinung ;-)

  • T
    Tim

    Das AZ muss bleiben! Die Leute dort haben in kurzer Zeit ein bereicherndes Element der alternativen Kultur in Köln geschaffen. Respekt vor diesem Engagement. Weiter so.

  • D
    Devrimci

    Traurig, dass man mal wieder einen so dummen Kommentar hier lesen muss. Und die Kommasetzung beherrscht der Herr auch nicht.Desto mehr jedoch freue ich mich über den tollen Erfolg der engagierten und friedlichen Besetzer in Köln, die aus einem Gebäude, das die Stadtsparkasse 10 Jahre lang hat leerstehen lassen, einen lebendigen Ort gemacht haben. Ich jedenfalls wünsche dem Autonomen Zentrum viel Erfolg!

  • J
    jemand

    Vielleicht sollte Mensch auch erstmal sich informieren bevor so ein bullshit gepostet wird...

    Aber klar es ist natürlich wesentlich besser wenn das Gebäude leer steht und vergammelt...

    Auch alternative Organisationsformen in denen es nicht immer nur um Geld geht sondern jeder mitmachen kann sollte verboten werden!11!!elf

  • HF
    hate fascism - love AZ Köln

    Schwerkriminelle? Triffts. Ich find das Verhalten von Stadt, Polizei und Sparkasse auch total kriminell und moralisch sowas von am Ende. ;)

    Die Grünen dagegen haben sich gegenüber den BesetzerInnen doch immer solidarisch verhalten...

     

    Lass mal deine Ressentiments stecken, guck dir mal an was die Leute in einem Jahr aus einem zehn Jahre leer vor sich hin gammelnden Haus rausgeholt haben. Und zwar ganz ohne dafür bezahlt zu werden, rein aus Idealismus und Begeisterung von der eigenen Sache. Zerstören, heruntergekommen? Falscher Film. Da hilft nur Vorurteile zuhause lassen und ins AZ gehen. Sich das vor Ort mal angucken und feststellen das die Besetzung, wie sie so schön in ihrem 4ten Kommunique sagen, die einzig richtige Alternative war.

     

    Solidarität und Liebe nach Köln.

    Squat the world.

  • A
    Andreas

    Schwerkriminelle... Das Kulturschaffende, die sich außerhalb der bürgerlichen Norm bewegen als "Schwerkriminelle" bezeichnet werden, wobei im Bericht auch häufiger auf ein friedliches Verhalten der Besetzer hingewiesen wird und die Androhung von Gewalt nur von der Gegenseite sichtbar war, ist mir unverständlich.

    Solch eine Ausdrucksweise zeigt einfach, wie sehr sich die Gesellschaft auf die Seite des Kapital geschlagen hat, wenn es nicht mehr darum geht wie kulturell vielfältig ein Stadtteil sein kann, sondern nur noch wieviel Profit aus ihm zu holen ist. Dafür wird die Kultur fallen gelassen/mit allen Mitteln vertrieben und (oft auch nur wieder) leerstehende Glas/Stahl Büro Komplexe entstehen.

     

    Nebenbei muss die Sparkasse schon ein sehr seltsames Verständnis von Kompromissbereitschaft haben, wenn man zuerst einen von uns allen finanzierten Polizeiaufmarsch in die Wege leitet um dann kurz vor Beginn des Ganzen, sich "gutmütig" zeigt und den Einsatz abblasen lässt. Alsob in so kurzer Zeit noch ganz neue Tatsachen geschaffen werden können. Durch solche Pokerspiele werden doch nur wieder unnötigerweise Aggressionen auf beiden Seiten geschürt.

  • H
    Hilde

    Ich finde nicht, dass es kriminell ist ein leeres, heruntergekommenes Gebäude für ein kulturelles Zentrum zu nutzen, für das man Jahre lang vergeblich auf legalem Weg gekämpft hat.

    Traurig ist eigentlich nur, dass es zu diesem teuren Polizeieinsatz gekommen ist, den die Sparkasse zu verantworten hat. Warum haben sie nicht direkt einen Nutzungsvertrag für das Gebäude angeboten, sondern erst die Räumung angezettelt?

  • S
    Soli

    Erfolg für BesetzerInnen!!!

    Hört sich hier so an als wären die Menschen den ganzen Tag nur mit Barrikadenbauen bescgäftigt - schlechtes Klischee.

  • I
    irrelevanza

    Am besten gefällt mir, dass Polizei SMS an Journalisten versendet.

  • Z
    Zora

    geschafft würd ich mal sagen!

    Zwar denke ich viele sind über einen Tag Haus verlassen unzufrieden aber besser als nichts :)

    Bald wird gefeiert!!!

  • SM
    svenzn mandela

    Herzlichen Glückwunsch an die Aktivisten!!!!

     

    War zwar noch nicht vor Ort, aber es ist schön zu lesen dass es noch freidenkende Menschen gibt die sich nicht den Zwängen des Autoritätennetzes unterwerfen.

     

    Respekt!!!

  • V
    vic

    Pech gehabt, Herr SPD-Bürgermeister Roters.

    Glückwusch an die Besetzer und danke an die besonnenen Vermittler.

  • TR
    Tim Roll

    Herzlichen Glückwunsch zum (Teil)Erfolg!! Als Kölner muss ich sagen... die Leute vom AZ haben was wirklich sehr Bereicherndes für die Stadt Köln geliefert. Also, ... weitermachen, durchhalten und dann noch weiter machen!!

  • M
    Murat

    Traurig das man mal wieder vor solchen Schwerkriminellen eingeknickt ist :(

     

    Vielleicht sollte ich auch mal zur Grünenparteizentrale gehen und deren Gebäude besetzen und dazu noch alles zerstören damit das so richtig heruntergekommen aussieht...