Koalitionsverhandlungen zur Prostitution: Bleiberecht für Aussteigerinnen
Union und SPD wollen Bordelle stärker überwachen. Ex-Zwangsprostituierte sollen Aufenthaltsrecht bekommen, wenn sie bei der Verfolgung der Täter helfen.
BERLIN taz | Die jüngsten Forderungen zum Thema Prostitution waren radikal: Alice Schwarzer forderte ein Verbot, Maria Böhmer, Vorsitzende der Frauenunion, will Strafen für Freier. Trotz oder gerade wegen der Zuspitzung: Das Thema ist präsent und wird in den Koalitionsverhandlungen eine Rolle spielen.
SPD und Union wollen den Betrieb von Bordellen stärker reglementieren und Zwangsprostituierten den Ausstieg erleichtern. Ausstiegswillige Zwangsprostituierte, die bei der Verfolgung der Täter helfen, sollen ein Bleiberecht für Deutschland erhalten – auch über den Gerichtsprozess hinaus.
Bordellbetreiber sollen auf ihre Zuverlässigkeit geprüft werden. „Die Zuverlässigkeitsprüfung führt dazu, dass zum Beispiel verurteilte Rocker kein Bordell eröffnen können“, sagt der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt.
Die Konzepte von Union und SPD sind beinahe deckungsgleich. Dabei hatte die Union bereits im rot-grün dominierten Bundesrat im September einen schwarz-gelben Gesetzentwurf zum Thema als unzureichend abgelehnt. Nun sehe es aber gut aus, gemeinsam zu einer Einigung zu kommen, teilen die künftigen Koalitionspartner mit.
Die gewerberechtliche Neuerung der künftigen Koalition würde dazu führen, dass Bordelle vom Ordnungsamt jederzeit kontrolliert werden könnten. Wendt hält diesen „Kontrolldruck“ in einer Branche, „die viele Kriminelle anzieht“, für notwendig. Caren Marks (SPD) warnt jedoch davor, „freiwillig ausgeübte Prostitution wieder in die Illegalität zu drängen“.
Naile Tanis, Geschäftsführerin der Organisation KOK gegen Frauenhandel und Gewalt an Frauen im Migrationsprozess, sieht im Bleiberecht für Aussteigerinnen aus der Zwangsprostitution eine Chance für alle Seiten. Die Schutzzusage führe zu mehr verwertbaren Aussagen vor Gericht und zu einer Verbesserung der Verfahren gegen die Täter. „Wenn sich die Frauen durch eine Aussage schon selbst gefährden, sollten sie dafür das Aufenthaltsrecht bekommen.“
Leser*innenkommentare
olli37
Gast
Die meisten Huren haben bereits heute einen EU-Pass. Die brauchen kein Bleiberecht, das haben die bereits. Trotzdem würden die einen Teufel tun, um gegen ihre Zuhälter auszusagen, weil sie wissen, dass dann ihre Familie in Osteuropa in Gefahr ist.
Gerhard Sch.
Gast
@olli37 Genau so ist es! - Aber: Bitte Frauen die durch Zuhälter zur Prostitution gezwungen werden, nicht als H.... bezeichnen.
reblek
Gast
"Ausstiegswillige Zwangsprostituierte, die bei der Verfolgung der Täter helfen, sollen ein Bleiberecht für Deutschland erhalten – auch über den Gerichtsprozess hinaus." - Es wäre ja wohl eher kein Bleiberecht sondern ein ausgesprochen schlechter Witz, wenn eine Frau nach einem Prozess rausgeschmissen würde.
"Dabei hatte die Union bereits im rot-grün dominierten Bundesrat im September einen schwarz-gelben Gesetzentwurf zum Thema als unzureichend abgelehnt." - Die Union hat ihren eigenen Entwurf als unzureichend abgelehnt?
Na sowas
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Das Bleiberecht für Aussteigerinnen lädt geradezu zu Falschbeschuldigungen ein.
john
Gast
Prostitution als Vorraussetzung für ein Bleiberecht?
prosti
Gast
Und wenn die Dame zu alt geworden ist fürs Geschäft und trotzdem gerne bleiben will, schließlich hat sie sich hier eine Existenz aufgebaut, dann wird halt flasch gegen den Betreiber ausgesagt. Dieser landet im Gefängis und die Frau bekommt ein Bleiberecht.
Natürlich ist Zwangsprostitution schlimm, aber brauchen wir wirklich ein Belohnsystem für Aussagen? Könnte man nicht einfach von allen verlangen sich zu registrieren und dabei Deutschkenntnisse und Rechtskenntnisse und Gesundheitskenntnisse als nachweisbare Voraussetzung verlangen. Und alle die sich Prostituieren ohne eingetragen zu sein, werden strafrechtlich verfolgt, genauso wie Personnen die deren Dienstleistung in Anspruch nehmen, ohne sichergestellt zu haben, dass eine Eintragung vorliegt.