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Koalitionspoker in BerlinSPD droht Grünen mit der CDU

SPD-Landeschef Müller unzufrieden mit Grünen-Parteitag. Er will vor Koalitionsverhandlungen erst nochmal mit der Grünen-Spitze reden. CDU als Ersatzpartner nicht ausgeschlossen.

SPD-Landeschef Michael Müller (hinten rechts) nach dem ersten rot-grünen Sondierungsgespräch Bild: dpa

BERLIN dapd | Der Landespartei- und Fraktionsvorsitzende der Berliner SPD, Michael Müller, hat von den Grünen nach der Zustimmung zu Koalitionsverhandlungen mehr Kompromissbereitschaft gefordert. Müller sagte am Samstag im RBB-Inforadio, trotz des klaren Votums der Grünen-Basis sollten zunächst noch einmal die Sondierungskommissionen beider Parteien zusammenkommen und dieses Ergebnis bewerten. Es gehe dabei vor allem um die "Kompromissbereitschaft und Verlässlichkeit" der Grünen.

Ein Sonderparteitag der Grünen stimmte am Freitagabend mit großer Mehrheit der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zu. Zugleich haben die Grünen ihr Nein zur umstrittenen Autobahn A 100 zementiert. "Ein klares Votum für eine Koalition ist gut und schön, aber in der Sache muss sich für die Stadt was bewegen, und da haben die Grünen bislang noch gar nichts geliefert", monierte der Berliner SPD-Chef.

Die Grünen waren aus der Wahl am 18. September trotz zeitweise sehr guter Umfragewerte nur als drittstärkste Kraft nach SPD und CDU hervorgegangen. Rechnerisch wäre auch eine große Koalition möglich.

Eine mögliche Koalition mit der CDU schloss Müller nicht grundsätzlich aus. Es sei zwar nicht das, was man anstrebe und wolle, aber es könne sein, "dass man auch zusammenarbeiten muss". So eine Situation zeichne sich "jetzt vielleicht möglicherweise ab".

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) warnte SPD und Grüne unterdessen nachdrücklich davor, den Ausbau der Stadtautobahn A100 von Neukölln nach Treptow zu kippen. "Verkehrsprojekte dürfen nicht zum Spielball politischer Parteien werden", schrieb Ramsauer in einem Gastbeitrag für "Bild am Sonntag". Die Gelder dürften nicht zweckentfremdet werden.

Ramsauer machte erneut deutlich, dass die vom Bund zugesagten 400 Millionen Euro für das Projekt ansonsten Berlin nicht zur Verfügung stünden: "Ohne A100 verfällt das Geld. Dann reiben sich andere Länder die Hände, und die Hauptstadt wäre der Verlierer."

Nach der Vereinbarung zwischen SPD und Grünen soll in Verhandlungen mit dem Bund versucht werden, die Autobahnmittel in andere Verkehrsprojekte umzulenken. Misslingt das, will die SPD die Trasse bauen, wie sie nach der Sondierung feststellte, die Grünen lehnen das in jedem Fall ab. Auf dem Parteitag beschlossen sie einen Antrag, in dem es heißt: "Die nachträglichen Ergänzungs- und Änderungsversuche der SPD sind und werden nicht Bestandteil der rot-grünen Vereinbarung..."

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7 Kommentare

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  • V
    vic

    Es müssen zweckgebundene 400 Millionen vebraten werden, sagt Ramsauer. Spontan fallen mir einige andere Projekte ein, wie auch mein Vorkommentator schreibt.

     

    Die SPD verlangt von den Grünen also mehr Zugeständnisse.

    Uns was trägt die SPD dazu bei, außer keinerlei Entgegenkommen zu zeigen?

    Wie bereits erwähnt. Viel Spaß mit den Schwarzen, Herr Wowereit. Noch max. fünf Jahre, genießen Sie die.

  • JG
    Johannes Große Boymann

    Sollten in di rot-grünen Koalitionsverhandlungen nicht auch die Piraten einbezogen werden, daamit wäre die Koalition auch sicher, wenn ein Grüner im Laufe der Legislatur zu den Piraten wechselt?

  • EA
    Enzo Aduro

    @meerwind7

    Naja schon etwas übertrieben was Sie fordern.

     

    Was man aber tatsächlich fordern könnte

     

    *Nachts/Abends nicht mehr mit Motorrädern über einem gewissen Lärmpegel fahren (Was eine Harley an Lärm macht ist quasi eine Kriegserklärung gegen den Schlaf)

     

    *Festschreibung von Nachtfahrverboten für nicht ElektroPKW* im S-Bahn-Ring (Ausnahmen für Gewerbe und extrem leise reguläre PKW;Einzelerlaubnis), wenn eine gewisse Zulassungsquote in Berlin erreicht wurde (zb 50%)

     

    *E-Auto, PlugIn hybrid**, Elektro mit Hilfsmotor**

    ** Nur im E-Modus

  • K
    Klaus

    immer wieder spannend wie eine Minderheit - zuweilen eine ganz kleine Minderheit glaubt den Rest der Bevölkerung terrorisieren zu können.

     

    Die Anhänger der Frosch und Luch Kultur können doch nach Brandenburg aufs Land ziehen...

  • RF
    Rosemarie Finke-Thiele

    Na, dann soll die ESPEDE doch mit der CDU regieren.

    Oder wollen die Grünen sich partout als Tanzbär vorführen lassen ?

  • T
    theod

    Wenn der SPD diese Autobahn so wichtig ist, dann soll sie mit der CDU koalieren. Die SPD und fast alle ihre Kandidaten haben bei den letzten Wahlen an Stimmen verloren, wenn sie nun zutage legen auch noch arrogant aufzutreten, dann nehmen wir es zur Kenntnis.

    Langsam gehen diese Machtkämpfe und Zähmungsversuche samt Rhetorik auf die Nerven. Von einem SPD-Landeschef sollte man mehr erwarten als durchschaubare und provinzielle Vorgehensweise. In Berlin gibt es viel wichtigere Probleme zu lösen und mit einem Autobahnbau kommt man den kein Stück näher. Das ist keine Zukunft, nicht mal Gegenwart, sondern althergebrachtes Provinzgeplänkel in einer Großstadt, die sich Metropole nennen will...

  • M
    meerwind7

    Teile der SPD wollen doch die Autobahn selber nicht. Es geht vor allem darum, den Grünen möglichst viele Kompromisse abzuhandeln: Wie z.B. schon den Bau der Ost-Tangente TVO. Darauf sollten die Grünen nicht hereinfallen. Also lieber der A100 zustimmen (über die entscheidet ohnehin der Bund) und woanders deutliche Veränderungen bewirken, um den Vorrang für Autoverkehr einzuschränken.

     

    Hier ist ein möglicher Kompromiss:

    ** Die SPD bzw. der Bund dürfen die Autobahn A100 bauen.

    ** Die Grünen stellen den Verkehrssenator

    Friedrichshain wird vom Ostkreuz/Ring bis einschließlich der Warschauer Straße zum weitgehend autofreien Stadtteil. Alle Durchgangsstraßen werden unterbrochen, jedenfalls diejenigen in Fortsetzung der Autobahn. Dann wird sie faktisch zu einer Sackstraße und stört kaum noch.

    ** 10 Euro City-Maut für PKW innerhalb des S-Bahn-Rings, 5 Euro im übrigen Stadtgebiet, Ende der Staus.

    ** Umfassende Nachtfahrverbote (24:00 -6:00) zum Schutz der Nachtruhe und damit der Gesundheit sowie auch der Aufmerksamkeit der Kinder (wissenschaftlich begleitet, um festzustellen, wie stark sich dadurch die schulischen Leistungen, ADHS usw. verbessern).

    ** Ein autofreies, freifinanziertes Neubauquartier in substantieller Größe (nicht nur 1000 Haushalte oder so, wo nur ein Teil der Vorteile wirksam wird).

    ** Fahrradfreundliche Achsen ohne Autoverkehr durch die ganze Stadt.

    .

    Das wäre doch ein guter Tausch für die 3 km Autobahn.

    Wenn die SPD das auch nicht will: Viel Spaß mit der CDU an Herr Wowereit

     

    Zum Sondierungsbeschluss: "Das Projekt des 16. Bauabschnitts der BAB 100 wird nicht grundsätzlich aufgegeben."

    Das kann doch nur bedeuten: Die A100 wird noch nicht gebaut, aber die Planfeststellung würde aufrecht erhalten, die Trasse freigehalten usw.

    Also z.B. keine Schaffung neuen Wohnraums auf der Trasse, keine Aufwertung der dortigen Wohngebiete usw., die A100 könnte später noch weitergebaut werden.