Koalitionsgespräche in Berlin: Mindestlohn bleibt weiter strittig
Union und SPD einigen sich auf eine Mindestlohn-Kommission. Wie genau ihr Auftrag lautet, ist offen. Anderer Streitpunkt weiterhin: Steuern.
BERLIN taz | Union und SPD haben sich in den Koalitionsverhandlungen darauf geeinigt, einen künftigen Mindestlohn von einer Kommission beschließen zu lassen. Das gaben die Generalsekretäre von CDU, CSU und SPD nach einer großen Verhandlungsrunde am Dienstagabend im Berliner Willy-Brandt-Haus bekannt. „Die Weiterentwicklung des Mindestlohns liegt in den Händen der Tarifpartner“, sagte Hermann Gröhe (CDU). Dies sei eine gute Lösung, weil es somit keinen von der Politik vorgeschriebenen Lohn geben werde.
Die wichtigsten Fragen sind bei diesem Thema offen. Die SPD wünscht sich einen Mindestlohn von 8,50 Euro, CDU und CSU halten das für zu hoch und fürchten den Verlust von Arbeitsplätzen. Deshalb werden die Verhandler weiter um die Details ringen. Etwa, mit welchem Mindestlohn die Kommission einsteigen soll, ob Abstufungen denkbar sind, etwa nach Regionen. Möglich wäre auch, den Mindestlohn schrittweise zu erhöhen.
Was ist mit Minijobs?
Wie genau der Auftrag der Kommission laute, sei offen, sagte Andrea Nahles (SPD). Sie betonte jedoch: „Ein wichtiger Schritt ist gemacht.“ CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt nannte ein Beispiel für einen Streitpunkt. So habe man keine Einigkeit darüber erzielt, ob Minijobs unter das Votum der Kommission fallen sollten, sagte er. Bei diesen geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen verdienen Arbeitnehmer bis zu 450 Euro im Monat, sie sind von der Sozialversicherung freigestellt.
Auch andere Themen sind weiter strittig. Bei der Pkw-Maut ging die entsprechende Arbeitsgruppe im Streit auseinander, die Entscheidung müssen jetzt am Ende die Parteivorsitzenden in einem Gespräch unter sechs Augen treffen.
Nahles gab einen Hinweis darauf, wo der wohl größte Knackpunkt der Verhandlungen liegt. Alle Parteien wollten, dass verantwortungsvoll mit Steuer- und Beitragsmitteln umgegangen werde, sagte sie. Wie die Finanzen mit den Wünschen der möglichen Koalitionspartner zu vereinbaren seien, sei wie „eine Quadratur des Kreises“.
Die Union lehnt Steuererhöhungen ab. Gleichzeitig planen alle drei Parteien Vorhaben, die den Staat zweistellige Milliardenbeiträge kosten würden.
Leser*innenkommentare
Senfmitsosse
Gast
Was uns heute fehlt, ist ein Fritz Teufel, der sich die Papiere aus den Koalitionsverhandlungen schnappt und sich den Hintern damit wischt nach dem Motto: "Was ich noch zu sagen hätte!"
Sören
Gast
Eine Kommission war ja nun ein essentieller Bestandteil des SPD-Konzeptes. Deswegen ist da jetzt kein Problem zu erkennen. Interessanter werden die Regelungen im Detail sein, wobei es sich problematisch anhört, wenn man etwa Mini-Jobs außen vor lassen will.
Trotzdem gibt es keinen Anlass für hysterische Reaktionen. Ein Einstieg in einen Mindestlohn ist besser als gar kein Mindestlohn. Wenn andere Bereiche des Arbeitsmarktes, etwa Zeit- und Leiharbeit, stärker reguliert werden, wäre das ebenfalls ein Erfolg.
Die SPD hat bei diesen Wahlen nur 25 % der Stimmen bekommen, die Union über 40%. Daher ist klar, dass die SPD ihre Vorstellungen nicht komplett durchsetzen kann. Kompromisse sind ein wichtiger Bestandteil einer demokratischen Gesellschaft; dazu gehört auch, Wahlergebnisse zu respektieren. Die Menschen sind zwar in Umfragen für einen Mindestlohn, haben den Parteien, die dafür waren, aber keine Mehrheit gegeben.
sarko
Gast
Man sehe sich das an ! Da stehen die beiden großen Parteien noch monatelang nach der Wahl um das Krankenbett des Wirtschaftssystems (sprich :Kapitalismus , anderswo schon auf der Intensivstation)herum und streiten über eine Mindestlohntherapie ! Fragestellung : Was ist letztlich besser - k e i n allgemeiner Mindestlohn , dafür ggfs "Aufstockung" , o d e r Mindestlohn ab ...Euro , dafür w e n i g e r Aufstockung(sfälle und Beträge). Wahnsinn , waah !
Und auch die anderen weltbewegenden Streitpunkte (Maut , doppelte Staatsbürgerschaft , Herdprämie undund )fallen selbst in Summe unter die Kategorie "Gedöns" . Jedenfalls , wenn man sie unter dem Gesichtspunkt (EU- , Welt-)Wirtschaftskrise , (Euro-)Finanzkrise betrachtet .
Motto : Hurra , wir verblöden !
Hanz
Gast
Wenn die Sozen sich wieder über den Tisch ziehen lassen, die 8,50 € verwässert werden und die Basis das nicht ablehnt sind sie politisch tot.
Von wegen Mindestlohn
Gast
Die CDU und CSU werden der SPD die „Flatrate“ (auf Deutsch: Betrug) verkaufen.
Theaterfürdenpöbel
Gast
Die Politiker sollten sich dieses Schmierentheater fürs Volk ersparen - Entscheidungen werden heute in der Wirtschaft und von Lobbyisten getroffen nicht vom Souverän.
Radix
Gast
Sie erhöhen sich die Diäten, füllen sich die Taschen, sind nicht gewillt ihre Nebeneinkünfte offenzulegen und streiten sich über 8.5o Euro Mindestlohn. Diesen Menschen schenke ich weder Auge noch Gehör - ich bekämpfe sie.
ikarus
Gast
Der Mindestlohn war flächendeckend von der SPD versprochen worden, weder abgestuft, noch nach Region, das hat auch nichts mit flächendeckend zu tun. Sollte die CDu sich durchsetzen und unwürdige Std.Löhne bei teilweise unter 4 Euro weiter gezahlt werden können, ist die SPD für mich als Stammwähler nicht mehr wählbar. Ein Arbeitsplatz ist nur wertvoll, wenn er dementsprechend bezahlt wird, alles andere ist CDU/ Wirtschaftsgeschwätz. Gewinne und nur Gewinne für die Wirtschaft, auch wenn die Gewinne vom Steuerzahler bezahlt werden, denn die subventionierte Arbeit bezahlen wir alle, die Steurzahler bei den Aufstockern.
antares56
Die SPD, vor allen Dingen Gabriel und Steinmeier, passt sich langsam den CDU-Vorstellungen an! Hat jemand etwas anderes erwartet? Die wollen Macht - um jeden Preis, selbst eine Nahles möchte endlich Ministerin werden.
Ich hoffe, die SPD-Mitglieder werden dieser Machtlust des Vorstands ein Ende bereiten!
Jörg
Gast
@antares56 Sieht ganz danach aus. Aber wundern tut es mich auch nicht. Es macht mich nur traurig.
Animator
Gast
Whow, welch ein Erfolg für die SPD. Ein Mindestlohn der keiner ist. Und der nach Gutdünken festgelegt oder gestrichen werden kann. Wie weit will die SPD sich aus reiner Postengeilheit noch verbiegen ? Neuwahlen, jetzt !
Jörg
Gast
@Animator Ich glaube, die SPD begräbt. Sich gerade selbst. Hoffen wir, das die Mitglieder sich nicht verkaufen lassen.