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Knete etc.Sweet Charity

■ Großes Schaukaufen bei der Benefizaktion zugunsten des Frankfurter Portikus

Es geht also doch. Auf der Frankfurter Benefiz-Auktion zugunsten des „Portikus“ ließ sich am verganngenen Donnerstag das Konzept für eine Installation versteigern. Leni Hoffmanns Angebot, mit 400 Kilogramm Knetgummi eine Woche lang vor Ort zu arbeiten, kam für 7.800 Mark unter den Hammer. Um der Katze im Sack Greifbarkeit zu verleihen, war die junge Künstlerin kurz zu dem Auktionator auf das Podium gestiegen.

1,2 Millionen Mark spielte die Versteigerung zur Rettung der von rigiden Etatkürzungen bedrohten Kunsthalle Portikus ein. Auf die Bitte von Kaspar König, Rektor der Städelschule und Initiator des Portikus, hatten über siebzig Künstler, die dort seit 1987 zu sehen gewesen waren, Kunst gestiftet. König freute sich vor allem über die Anerkennung der jungen Frankfurter Künstler durch die Bieter. Damit tröstete er sich über die international renommierten Ladenhüter hinweg, für die nur Gebote unterhalb der Schätzerpreise eintrafen (Richard Artschwager, Sol Le Witt). Graf Douglas, Geschäftsführer von Sotheby's Deutschland, verteilte Streicheleinheiten: Das Engagement der Käufer habe dem Ruf Frankfurts, gegenüber der zeitgenössischen Kunst auf einer zugeknöpften Börse zu hocken, widersprochen.

Den höchsten Preis erzielte ein Sonnenaufgang im Gebirge. Jahrelang hätten die Gäste des Malers vergeblich um das Bild gebettelt, wußte König das Begehren aufzustacheln. Die „Landschaft 586-2“ von Gerhard Richter erhielt für 450.000 Mark ein per Telefon zugeschalteter Bieter aus Amerika. Applaus im Festsaal des Frankfurter Hofs.

Die Käufer bewiesen Vertrauen in Königs sparsame Kommentare: Kaum hatte er auf den blauen Schimmer in der Tiefe von Franz Wests Skulptur „Arschloch“ hingewiesen, kletterten die Angebote von 5.000 auf 10.000 Mark hoch. Lobte Graf Douglas die Bieter kurz vor dem Zuschlag als Spender, rutschten nicht selten ein paar Tausender nach.

Zu niedrig pokerten die Freunde von Mike Kelley. In die Stadt der Banker hatte der amerikanische Künstler eine Zeichnung geschickt, in der „Das Kapital“ nur noch zum Arschabwischen dient. Dieser Zynismus war den Besserverdienenden die geschätzte Mindestsumme von 17.000 Mark nicht wert.

Ein Großteil des Publikums wollte sehen, wer Geld für die Kunst übrig hat. Laut rasselte der Auktionator die Gebote herunter, die Köpfe drehten sich, die Hälse reckten sich nach der Dame in Grün, dem Herrn dort hinten. Die Agenten von Sammlern und Händlern, von Museen und Banken stahlen der Kunst die Schau. Und blieben doch von der Menge unerkannt: ein Schauspiel mit anonymen Stars.

Frankfurt stellte mit diesen Kunstkäufen nicht zuletzt die Wettbewerbsfähigkeit der zeitgenössischen Kunst unter Beweis. Mut zur Attrappe bewiesen dagegen die Berliner, die auf einer zweiten von Sotheby's veranstalteten Charity-Auktion Fetzen der gemalten Schloßfassade ergatterten. Jedem das Seine. Katrin Bettina Müller

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