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Klimawandel in der ArktisDas Aus für das Eis

Wissenschaftler rechnen mit bis zu 13 Grad mehr in der Arktis als heute. Die Folge: Das Eis taut deutlich schneller als bislang angenommen.

Hier schmilzt es schon: Das Eis in der Arktis Bild: reuters

BERLIN taz | Die Arktis wird aller Wahrscheinlichkeit noch vor 2050 im Sommer eisfrei sein. Zu diesem Schluss kommen ein Team um die Geophysiker James E. Overland nach der Auswertung von etwa dreißig wissenschaftlichen Studien zur Klimaentwicklung. Die Geophysiker beschreiben in der Zeitschrift Earth's Future der American Geophysical Union die Auswirkungen verschiedener Klimaszenarien.

Die Prognose: Am Ende des 21. Jahrhunderts werde es in der Arktis bis zu 13 Grad wärmer sein als heute. Derzeit liegt die Durchschnittstemperatur dort 1,5 Grad über dem Mittelwert der Jahre 1971 bis 2000 – doppelt so hoch wie in anderen Teilen der Welt.

Der enorme Temperaturanstieg geht unter anderem auf sich selbst verstärkende Effekte zurück: Steigt die Temperatur, schmilzt das Eis. Die entstehende dunkle Wasseroberfläche reflektiert weniger Sonneneinstrahlung als weißes Eis. Der Effekt: es wird noch wärmer. Und noch mehr Eis schmilzt.

Das andere Szenario verlangt sofortiges Handeln der Weltgemeinschaft, um den CO2-Ausstoß zu verringern. Im vorigen Jahr hat die CO2-Konzentration in der Atmosphäre die Marke von 400 ppm (parts per million) überschritten. Doch selbst wenn es durch globale Maßnahmen gelänge, sie bis Mitte des Jahrhunderts auf 650 ppm zu stabilisieren, läge der Temperaturanstieg in der Region um den Nordpol bei 7 Grad.

Schlimmer als vom IPCC vorausgesagt

Der Weltklimarat IPCC hatte erst im vergangenen Jahr seinen fünften Sachstandsbericht veröffentlicht. Darin gehen die Verfasser von einem globalen Temperaturanstieg von maximal 4 Grad bis zum Jahr 2100 aus. In der Arktis könnte der Effekt laut der neuen Studie jedoch sehr viel extremer sein.

Overland und seine Kollegen geben zu, dass die Modelle wie immer bei Prognosen gewisse methodische Schwierigkeiten mit sich bringen. Dennoch halten sie ihre Schlussfolgerungen für realistisch. Alle plausiblen Klimaszenarien führten laut der Studie zu einem massiven Eisverlust im Sommer. Nur ginge es mit dem business-as-usual-Szenario am schnellsten.

Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung teilt diese Auffassung: „Die Modelle können die Vergangenheit sehr gut reproduzieren und liefern seriöse Abschätzungen für die Zukunft. Wenn überhaupt, dann unterschätzen sie den Eisverlust in der Arktis.“

Für Schifffahrtsunternehmen und solche, die in der Arktis nach Öl oder Gas suchen wollen, ist weniger Eis eine verlockende Aussicht. Für das Ökosystem Erde dagegen sind die Folgen kaum abzuschätzen.

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12 Kommentare

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  • Es ist traurig zu sehen, wie viele Menschen es noch immer nicht wahr haben wollen und deshalb den Klimawandelleugnern glauben schenken, die aus reiner Profitgier bereit sind, die Erde, Städte, ganze Länder zu vernichten. Die sozialen Folgen haben diese zumeist Herren in ihren Elfenbeintürmen ja auch nicht zu tragen...

    • @Manuel:

      es ist traurig zu sehen das bei einem Thema welches sich durchaus auf Basis wissenschaftlicher Fakten diskutieren ließe, immer noch Menshcen mit vorwissenschaftlichem, geradezu theologischem, Vokabular um sich schmeißen.

      Der "Leugner" gehört bestenfalls in den Hexenprozess; Sie begeben sich da ohne Not auf das Niveau von Sprenger und Institoris!

       

      Um Ihnen die Mühe des Einlesens etwas zu verkürzen:

       

      Für den Geowissenschaftler ist immer "Klimawandel", die überlieferten Gesteine zeigen dabei die Phasen wo der KW etwas weniger heftig bis stagnierend ablief. Aber immer war KW Teil der dynamischen Veränderungen an der Erdoberfläche!

      Für wissenschaftliche Laien stellt sich, ausweislich Ihres Kommentars, nun das Problem "wie erkenne ich anthropogene Einflussgrößen" über populärwissenschaftliche Behauptungen hinaus selbst.

       

      Glück auf!

       

      Karl

  • S
    SchreckLassNach

    Merke:

    Geophysiker sind auch nicht besser wie Wirtschaftsforscher, wenn es um Prognosen geht.

    Wäre einmal interessant herauszufinden, wieviel Kohlekraftwerke, welche Menge an

    CO2 für die Produktion der Hochleistungsrechner und den Betrieb der Hochleistungsrechner, für das Personal und für die Prognosen verschleudert haben für falsche Ergebnisse!

    An der eigentlichen Problemlösung war der Anteil wieder eher sehr bescheiden!

    Aber zig Mrd. hat es trotzdem gekostet!

  • G
    Gast

    Die Nennung des Potsdam-Institutes für Klimafolgenforschung im Artikel ist schon ein Grund für erhöhte Skepsis.

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    [Für Schifffahrtsunternehmen und solche, die in der Arktis nach Öl oder Gas suchen wollen, ist weniger Eis eine verlockende Aussicht. Für das Ökosystem Erde dagegen sind die Folgen kaum abzuschätzen.] - Mit dem Geld aus der Rohstoffgewinnung, die durch das Eisschmelzen möglich wird, kann man dann schöne neue Städte auf höhergelegenen Gebieten errichten. Denn die Küstenstädte werden wohl absaufen.

  • I
    Ingmar

    Das das Eis in der Arktis schmilzt, ist problematisch, aber schlimmer ist das Eis auf Grönland. Denn das Eis auf Grönland verdrängt bis jetzt noch nicht das Meerwasser und wenn das alles ins Wasser gelangt, dann haben wir einen Meeresspiegel-Anstieg von einigen Metern. Jetzt gucken Sie mal, wieviele Städte unter dem Meeresspiegel liegen. Sie werden staunen. Lg ein angehender Geologe

  • In hundert Jahren liegt der Nordpol noch gleich wo?

     

    Der magnetische, wenn alles so bleibt, irgendwo Richtung Sibirien; aber nur wenn Brunhes nicht endgültig zu Ende geht bis dahin.

     

    Sollten gerade Geophysiker eigentlich nicht verdrängen....

     

    Schließlich ist der Feldstärkeverlust seit 1830 nicht zu ignorieren!

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • KL
    K. Lima

    Da bin ich aber froh über diese Studie. Ich befürchtete schon, der Weltuntergang sei abgesagt.

    • N
      Nils
      @K. Lima:

      Tja, mal schauen, ob Du immer noch so lustig drauf bist, wenn die antizipierten sozialen, ökologischen und ökonomischen Folgen der rapiden Klimaerwärmung eintreten.

       

      Bei teurer werdender Butter und Flüchtlingsströmen hört ja bekanntlich für den Deutschen der Spass auf.

    • @K. Lima:

      und immer schoen n witz reissen, das ist echt voll geil so.

    • H
      Hinrich
      @K. Lima:

      Mich hingegen macht das traurig. Vor allem darüber, dass die Menschen diesen Unsinn glauben. Wer sein Gehirn einschaltet anstatt Medien blind zu vertrauen, der kann aufgrund der Klimadiagramme der letzten 20 Jahre eindeutig beweisbar feststellen:

       

      Die Eismenge in der Arktis hat in den letzten 20 Jahren nicht – wie das immer behauptet wird – abgenommen. Im Gegenteil, sie hat zugenommen.

       

      Wunderbar nachvollziehbar auf Satellitenbildern.

       

      Zugleich das Getöne vom IPPC – war da nicht was? Achja… „Climegate“. Einfach mal google benutzen.

       

      Dann die Frage stellen, wem es nutzt, dass den Leuten ständig Angst gemacht wird. Ja, das öffnet das Portemonaie, man kann die Schafe besser melken.

       

      Liebe Mitbürger, bitte lasst euch nicht veräppeln. Weder vom IPCC noch von TAZ-Autoren, die das ganze meiner Meinung nach sensationell nachreden, aufbauschen und damit an Glaubwürdigkeit immer mehr einbüßen.

       

      Ist das nur schlechter Journalismus oder ist das Absicht?

       

      Cui bono?