Klimaschutz in der EU: Das Zugpferd auf Trab bringen
Der WWF fordert einen verschärften Emissionshandel, um ihn für das neue EU-Klimaziel fit zu machen. Weltweit legen die Emissionen wieder zu.
Beim Emissionshandel müssen Unternehmen aus dem Strom- und Industriebereich Zertifikate für ihren Treibhausgasausstoß kaufen und handeln. Sie sind für etwa die Hälfte aller europäischen CO2-Emissionen verantwortlich.
Der Preis hat in den letzten Jahren endlich Höhen von etwa 30 Euro und zuletzt sogar 40 Euro pro Tonne CO2 erreicht, sodass etwa Kohlekraft zunehmend unrentabel wird. Nun muss die EU am ETS drehen, um ihr neues Klimaziel für 2030 zu erreichen.
„Der Emissionshandel ist das Zugpferd des europäischen Klimaschutzes, aber bisher nur 3 von den 15 Jahren seiner Existenz wirksam gewesen“, sagt Viviane Raddatz, WWF-Klimaexpertin. Fast immer gab es mehr Lizenzen, als gebraucht wurden – jetzt müsse einmalig diese „heiße Luft“ aus dem System abgelassen werden. Sie spricht von Zertifikaten für mindestens 250 Millionen Tonnen CO2.
„Zielverschärfung ist notwendig“
Zusätzlich solle der Reduktionsfaktor, um den die Menge der Lizenzen pro Jahr regulär fallen soll, von 2,2 auf 3,6 Prozent verschärft werden.
In der sogenannten Marktstabilitätsreserve sollten laut Gutachten weiter die Überschüsse gesammelt und nach fünf Jahren gelöscht werden. Auch brauche es einen Mindestpreis und ein Ende der kostenlosen Zuteilung von Lizenzen – worauf allerdings die Industrie vehement pocht.
Der WWF ist auch gegen Pläne etwa von Union und FDP, den EU-Emissionshandel bald auf Verkehr und Gebäude auszudehnen. Das würde laut WWF das ganze System gefährden, das sich gerade eingespielt hat.
„Eine Zielverschärfung für den Emissionshandel ist für die höheren Klimaziele notwendig“, sagte auch der Chefökonom der Deutschen Emissionshandelsstelle beim Umweltbundesamt, Christoph Kühleis, der taz. „Bislang hatten wir immer Luft im System, seit 2009 haben wir einen strukturellen Überschuss von 4,4 Milliarden Zertifikaten aufgehäuft.“
Was passiert, wenn es keinen ordentlichen CO2-Preis gibt, zeigt sich im aktuellen Report „Global Energy Review“ der Internationalen Energieagentur IEA. Die Behörde erwartet für dieses Jahr einen starken Anstieg der weltweiten CO2-Emissionen aus der Energiegewinnung um etwa 5 Prozent auf 33 Milliarden Tonnen. Der Sprung um 1,5 Milliarden Tonnen CO2 sei der größte seit 2010.
„Das ist eine ernste Warnung, dass die Erholung von der Coronakrise alles andere als nachhaltig für das Klima ist“, sagte IEA-Chef Fatih Birol.
Getrieben wird die Rückkehr der Klimakiller vor allem aus China. Mehr als 80 Prozent des steigenden Bedarfs nach Kohle komme aus Asien. Weltweit würde der Bedarf an Kohle und Gas trotz des Booms bei den Erneuerbaren noch höher liegen als 2019, hieß es.
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