Klimaschutz im Flugverkehr fehlt: Es stinkt zum Himmel
Die Luftfahrtindustrie lässt sich mit Milliarden retten. Und verabschiedet sich bei der Gelegenheit vom Klimaschutz.
W er sich in ein Flugzeug setzt, sollte sich klar darüber sein, wem er da sein Geld für ein Ticket überweist. Die Luftfahrtindustrie lässt einerseits den alten Traum vom Fliegen zur Wirklichkeit werden, führt Menschen und Kulturen zusammen und schafft Millionen von Jobs. Sie ist aber andererseits auch ein Netzwerk aus Herstellern, Fluglinien, Behörden und Politik, das ungebremst, ungestraft und ohne jeden Skrupel die Umwelt zerstört. Das zeigt sich daran, wie die UN-Luftfahrtorganisation ICAO jetzt ihr ohnehin schwaches Klimaprogramm CORSIA verwässern will.
Ein Skandal reiht sich hier an den anderen: Denn wahrscheinlich würde das Klimaschutzprogramm die Airlines kaum mehr belasten als geplant, zeigen Studien. Die Industrie nutzt einfach die Pandemie, um sich aus ihrer Verpflichtung davonzustehlen. Anders als in praktisch allen anderen Bereichen der Wirtschaft gibt es hier keine Emissionsobergrenzen, werden keine Steuern auf Tickets und Kerosin erhoben und wird nur in Europa der Verkehr dem Emissionshandel unterworfen. Für ihre erschreckende Umweltbilanz muss die Fliegerei nicht geradestehen. Trotzdem werden Airlines mit Steuermilliarden gerettet, soziale und ökologische Bedingungen spielen keine Rolle.
Der noch größere Skandal ist aber, wie beim Fliegen die Politik abhebt. Die ICAO wurde von den Staaten gegründet, um die Fliegerei populär zu machen. Das ist auf fatale Weise geglückt. Ihre Regeln sehen nicht vor, den Fliegern Grenzen zu setzen. Im Gegenteil: Die ICAO, ein Gremium der Vereinten Nationen, fällt ihre Entscheidungen hinter verschlossenen Türen. Welche Regierung mit welcher Lobby kungelt, bleibt geheim.
Da fällt es auch nicht auf, dass Deutschland und die EU-Kommission mitten in den Debatten zu Green Deal und Klimaneutralität diesen Anschlag auf den Klimaschutz mittragen. Nur zur Erinnerung: Es sind die gleichen Staaten und ihre Vertreter, die sich auf UN-Klimakonferenzen für große Ziele feiern lassen – und dann im Konkreten, bei einer anderen UN-Organisation wie der ICAO, diese Ziele torpedieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Donald Trump wählt seine Mannschaft
Das Kabinett des Grauens
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist