Klimaschädliches LNG: Proteste in Kroatien gegen Flüssiggas
Das LNG-Terminal auf Krk sollte die Energieversorgung sichern. Heute macht Kroatien mit Exporten Profite. Aktivist*innen sind gegen einen Ausbau.
„Es ist umweltverschmutzend und es ist neokolonialistisch“, sagt die Aktivistin Elmo, die anonym bleiben möchte. Elmo ist nicht ihr richtiger Name. Für sie gebe es keinen Grund, LNG als Energieträger zu verwenden. „Denn es gibt andere, viel gerechtere und viel sauberere Wege der Energieversorgung“ in Kroatien.
Zusammen mit anderen Klimaaktivistinnen blockierte Elmo im August deswegen einen LNG-Tanker vor der kroatischen Insel Krk. Mit sechs Kajaks gelang es der Gruppe um vier Uhr morgens am 23. August, den Tanker zwei Stunden lang daran zu hindern, am Terminal auf Krk anzulegen. Es war die bisher erfolgreichste Aktion gegen LNG in Kroatien. Die Polizei reagierte laut Elmo repressiv, setzte Wasserwerfer ein und versuchte, die Kajaks zu versenken.
Das LNG-Terminal wurde geplant, nachdem die Gasversorgung Kroatiens von Russland 2009 unterbrochen wurde. Als die Planungen 2016 voranschritten, formierte sich lokaler Protest, der anfangs viele Menschen mobilisieren konnte, doch ohne Erfolg. Mit Unterstützung der EU setzte die Regierung das Projekt für die Energiesicherheit der Region durch.
„Die Menschen sind entmutigt“
Seit der Inbetriebnahme 2021 sorgt der Export in die Nachbarländer Italien, Österreich, Ungarn und Rumänien für Profite. Der derzeit geplante Ausbau soll diese verdoppeln. Die rechte Regierung des Landes argumentiert, Flüssiggas sei die klimafreundlichste fossile Brückentechnologie für die Transition zu erneuerbaren Energien. Ein Argument, das die LNG-Konzerne auch beim World LNG Summit in Berlin diese Woche zu verkaufen versuchen.
Doch eine Studie des Umweltprofessors Robert Howarth stellt das in Frage. Diese analysiert den gesamten Produktionsprozess von LNG von der Förderung durch Fracking in den USA über den Transport als Flüssiggas bis zum Zielhafen, um dort wieder erwärmt als normales Gas durch Pipelines ins Landesinnere zu gelangen. Laut der Studie ist LNG umweltschädlicher als Kohle, weshalb Howarth LNG für den völlig falschen Weg hält.
Trotz der Faktenlage, gerade für ein Land wie Kroatien, das über das größte Solarenergiepotenzial in der EU verfügt, hat das Thema dort in Politik und Bevölkerung an Relevanz verloren. „Die Leute haben aufgegeben, sie haben versucht, sich zu beschweren, dass es Lärm vom Terminal gibt, dass das Wasser verschmutzt ist, aber sie wurden von allen Institutionen ignoriert“, sagt Elmos Mitstreiterin Sol, die ebenfalls anonym bleiben will. Die Menschen seien entmutigt.
„Verpflichtungen gegenüber Europa müssen eingehalten werden“
Auch die Opposition hält sich mit Kritik zurück. Etwa der links-grüne Abgeordnete Damiri Bakić von der Oppositionspartei Možemo sagt, Verpflichtungen gegenüber Europa müssten eingehalten werden.
Sogar die lokalen Proteste auf Krk, die 2019 noch groß ausfielen, sind abgeflaut. Zwar gibt es jedes Jahr ein Klimacamp dort, aber inzwischen wird dieses fast nur von Aktivist*innen aus den großen Städten besucht – zu sehr überlagern die vielen anderen Krisen das Thema Umweltschutz im Alltag der Menschen in Kroatien.
Die erfolgreiche Blockadeaktion in diesem Sommer ist auch eine Reaktion auf das schwindende Interesse, denn die direkte Konfrontation katapultierte ihr Anliegen kurzzeitig in die nationalen Medien.
Doch für Elmo und Sol ist inzwischen klar, dass einzelne spektakuläre Aktionen nicht ausreichen: „Um solche riesigen Projekte wirklich zu stoppen, müssen wir uns mehr darauf konzentrieren, die Bereitschaft der Öffentlichkeit zum Handeln zu erhöhen.“
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