Klimanotstand in Hannover: Linke und Piraten machen Druck
Linkspartei und Piraten beantragen, dass der Rat der Stadt Hannover die Eindämmung der Klimakrise zu seiner wichtigsten Aufgabe erklärt.
„In etwa zehn Jahren haben wir den ‚Point of no return‘“, warnt Bruno Adam Wolf, Pirat und Vizegruppenchef der Linken und Piraten. „Wenn bis dahin nichts geschieht und der Klimaschutz nicht greift, dann war’s das.“ In Hannover könne man die Folgen des Klimawandels bereits beobachten: pestizidverseuchte Böden, nitrathaltiges Grundwasser, Wassermangel in den Sommermonaten, weniger Bienen und kaum noch Singvögel, Bauverdichtung und versiegelte Flächen, vermehrte Krankheiten durch zu viel Feinstaub.
Fachleute stützen die Kritik. So weist Axel Haverich, Herzspezialist an der Medizinischen Hochschule Hannover, darauf hin, dass giftiger Feinstaub Herz- und Kreislauferkrankungen, Alzheimer, Diabetes, Krebs, Infektionen auslöse. Der Feinstaubgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter werde in Hannover zwar eingehalten. Aber der Wert sei viel zu hoch, so Haverich.
Der Antrag wird von der Klimaschutzbewegung „Fridays for Future“ unterstützt. Vor Hannover haben bereits Städte wie Osnabrück, Konstanz am Bodensee, Kleve und Münster in Nordrhein-Westfalen den „Klimanotstand“ ausgerufen. Bremen, Chemnitz in Sachsen und Ruhrgebietsstädte wie Essen, Bochum, Herne, Oberhausen und Hattingen wollen das demnächst tun.
Basel: Im Februar verpflichtete sich der Grosse Rat in der Schweizer Stadt, bei all seinen Entscheidungen und Geschäften die Auswirkungen auf das Klima zu berücksichtigen. Damit folgte das Kantonsparlament einer Resolution von Massenprotesten auf der Straße.
London: Im Mai dieses Jahres verpflichtete sich die Regierung, einer globalen Erwärmung von mehr als 1,5 Grad entgegenzuwirken.
Vancouver: Die Stadt an der kanadischen Westküste will schon seit 2015 die grünste Stadt der Welt werden und die CO2-Bilanz um ein Drittel verringern. Doch die Bevölkerung spielte nicht mit, der Klimanotstand wurde erst im April 2019 ausgerufen.
„Klimanotstand“ bedeutet, dass die Kommunen und Verwaltungen anerkennen, dass dringend Maßnahmen zum Klimaschutz ergriffen werden müssen. Das fordern Linke und Piraten in ihrem Antrag auch von der Stadt Hannover: Diese habe „künftig bei jeglichen Entscheidungen die Auswirkungen auf das Klima zu berücksichtigen und bevorzugt Lösungen zu suchen, die sich positiv auf Klima-, Umwelt- und Artenschutz auswirken.“
Konkret könne das laut Pirat Wolf beispielsweise die sofortige Entsiegelung von „sinnlos betonierten Flächen“ sein, darunter etwa Schulhöfe und Parkplätze von Krankenhäusern. „Im Innenhof des Hannoveraner Rathauses könnte man eine grüne Insel schaffen“, sagt Wolf.
Er rechnet damit, dass der Antrag von der Stadtregierung, einem Ampelbündnis aus SPD, Grünen und FDP, „weggewischt“ wird. Wolf sagt: „Unser Antrag wird in weitere Ausschüsse verwiesen werden, damit ruht er über den Sommer und steht erst im Herbst wieder zur Debatte.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart