Klimaktivist und Politologe Tadzio Müller: Der Importeur des Klimacamps
Nachdem Tadzio Müller beim Promovieren in England die Klimacamps erlebt hatte, half er mit, die Idee nach Deutschland zu übertragen.
Tadzio Müller ist im Stress. "Das Medieninteresse ist riesig", sagt der 32-Jährige. Ununterbrochen klingelt das Telefon, das ZDF ruft an, die Welt, dpa. Müller ist, zusammen mit Ines Koburger, Sprecher des Klimacamps, das noch bis Samstag seine Zelte in Hamburg aufgeschlagen hat und täglich mit Aktionen gegen Stromkonzerne oder Raffinerien auf sich aufmerksam macht.
Ein ungewöhnlicher Job für jemanden, der behauptet, "überhaupt nicht aus einer grünen Bewegung" zu kommen. Müller ist ein Kind der globalisierungskritischen Bewegung, durch und durch. Bei allen großen Gipfeln der letzten Jahre war er, in Seattle, Prag, Heiligendamm. Politikwissenschaften hat er studiert, in Heidelberg, Boston und Brighton. In Brighton hat er auch promoviert, fünf Jahre hat er in Großbritannien gelebt.
Das ist ein Grund, warum er heute Interviews zum Verhältnis von Klimawandel und Kapitalismus gibt. In Großbritannien gibt es seit Jahren eine linke Klimabewegung. Ein Camp fand dort dieses Jahr schon zum dritten Mal statt, mit rund 2.500 TeilnehmerInnen dreimal so groß wie das deutsche.
Müller ist direkt von dort nach Hamburg gereist. Durch die Erfahrungen in England gehörte er zu der Gruppe von Leuten, die im Herbst letzten Jahres beschlossen, auch in Deutschland ein Klimacamp auf die Beine zu stellen. Als einen der Hauptorganisatoren sieht er sich nicht, zwischenzeitlich war er ausgestiegen, "wegen der Lohnarbeit", seinem Dozentenjob an der Uni Kassel.
Den Job des Camp-Sprechers hat er dennoch übernommen - und greift dabei auch auf die Erfahrungen aus Großbritannien zurück. Dort sei Klimawandel ein viel größeres Thema. "Die Camps haben breite Unterstützung in der Bevölkerung." Das habe auch damit zu tun, dass in Großbritannien die Bewegung zwar radikal sei, aber dennoch einem traditionell ökologischen Diskurs folge. "Kapitalismuskritik ist dort kaum ein Thema." Leider, meint Müller. Denn das berge die Gefahr, dass die Bewegung vereinnahmt werde - etwa von PolitikerInnen, die das tatsächliche Problem Klimawandel nutzten, um zu Verzicht aufzurufen und soziale Einschnitte zu rechtfertigen. "Ökologische Fragen sind zunehmend zentral, um den Kapitalismus zu modernisieren und zu legitimieren", sagt Müller. Gerade deshalb findet er es spannend, dass in Deutschland eine Bewegung entstehe, "die Klimawandel auch als soziales Problem versteht". Nach dem Camp will er sich in die Mobilisierung zum Klimagipfel 2009 in Kopenhagen einbringen - aber nicht sofort. Nach zwei Klimacamps am Stück, meint Müller, brauche er erst mal eine Pause.
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