Klimakonferenz in Durban: Nachsitzen fürs Klima
Die Klimakonferenz in Durban geht in die Verlängerung - statt durchzuverhandeln, gönnen sich die Verhandler eine Nachtpause. Doch mit einem Kompromiss tun sie sich schwer.
DURBAN taz | Immerhin eine überraschende Weltneuheit gibt es auf der Klimakonferenz von Durban: Zum ersten Mal in der Geschichte der Klimaverhandlungen wurde in der letzten Nacht nicht brutal durchverhandelt, bis alle Anwesenden vor Müdigkeit vom Stuhl kippen, um im Morgengrauen eine Entscheidung zu verkünden. Freitagabend wurden Beobachter und Journalisten nach Hause geschickt. Manche Beamten arbeiteten weiter an den Papieren, andere durften schlafen gehen, um Samstag früh für einen zusätzlichen Tag frisch ans Werk zu gehen.
Genutzt hat das nicht viel. Denn die erhofften Konsenspapiere liegen auch am Samstagmittag immer noch nicht auf dem Tisch. Ratlos wälzen Journalisten und Beobachter eine Vielzahl von Dokumenten, die mal offiziell freigeben, dann wieder zurückgezogen werden. Pressekonferenzen und Hintergrundbriefings der Delegationen sind ausgesetzt. Eine kleine Gruppe von Ländern tagt nach der südafrikanischen „Indaba“-Methode, um in einem kleineren Rahmen Kompromisse im Voraus zu klären, die dann im Plenum angenommen werden sollen.
Doch erkennbaren Fortschritt gibt es kaum. Die vorliegenden Entwürfe sind zwischen den Gruppen noch umstritten. In einer Zusammenfassung der südafrikanischen Präsidentschaft von Freitagnacht wird ein Kompromiss vorgeschlagen: Demnach soll noch ein Jahr weiter verhandelt werden, um ein „Protokoll oder ein anderes juristisches Instrument“ zu erreichen – wie weit das von dem „völkerrechtlich verbindlichen Abkommen“ entfernt ist, das die EU fordert, ist unklar.
Freitag Abend hatte die EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard noch erklärt, die EU wolle hart bleiben: Ohne rechtliche Verpflichtung von allen Seiten keine zweite Kioto-Periode. Und auch die deutschen Verhandler hatten betont, die Papiere „bräuchten noch Zähne“.
Unterschiedliche Papiere, unterschiedliche Vorschläge
In dem Vorschlag der Präsidentschaft steht weiter, die Staaten sollten sich zu höheren Reduktionen beim CO2-Ausstoß verpflichten – aber ohne genaue Daten. Dafür könnten sich die EU und ihre Partner zu einer zweiten Verpflichtungsperiode des Kioto-Protokolls durchringen und zwischen 2013 und 2017 eine Verringerung um 20 bis 30 Prozent in Aussicht stellen.
Andere Papiere dagegen sprechen davon, die Reduktionsverpflichtungen für die Industriestaaten aus Kopenhagen und Cancún festzuschreiben und gleichzeitig anzuerkennen, dass sie nicht ausreichen. Auch sollen die Entwicklungsländer mehr finanzielle Hilfe beim Klimaschutz, besseren Zugang zu grünen Technologien und Hilfen zur „nachhaltigen Entwicklung“ bekommen. Für Aufsehen auf den Fluren sorgte dann kurzfristig die Erwähnung eines Vorschlags, dass die Industriestaaten genau so viel Geld für den Klimaschutz zur Verfügung stellen sollten, wie sie für „Verteidigung, Sicherheit und Kriegsführung“ ausgeben – ein sicherer Killer für jede Art von Abkommen im Plenum, wie es hieß.
Unstrittig ist dagegen offenbar die Einrichtung des „Grünen Klimafonds“. In einer eigenen Vorlage wird diese Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen in den armen Ländern begrüßt und eine solche Struktur geplant. Doch da gibt es zwei Probleme: Erstens sind bislang außer den 40 Millionen Euro der Deutschen und der 15 Millionen der Dänen keine Mittel versprochen. Und zweitens muss auch der Klimafonds vom Plenum beschlossen werden. Dazu braucht es ein geordnetes Ende der Konferenz und zumindest einen Minimalkonsens. Und darum wird derzeit noch gerungen.
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