Kommentar Klimakonferenz: Klimaschutz lieber selbst machen
Entschlossenes Handeln gegen die Klimakatastrophe sieht anders aus. Auf UN-Konferenzen wird das Problem nicht gelöst. Für Erfolge sorgen vor allem Bewegungen von unten.
W as zu Klimakonferenzen zu sagen ist, hat der damalige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sinngemäß schon 2007 in Bali gesagt: Gemessen am Möglichen ein Erfolg, gemessen am Nötigen unzureichend. Das gilt auch wieder für die Konferenz von Durban. Zunehmend wird allerdings unklarer, was ein Erfolg in diesen Klimaverhandlungen überhaupt bedeutet.
Gewonnen haben auf den ersten Blick viele: Die EU hat mit ihrem harten Kurs einen Erfolg eingefahren. Durch die Drohung, das Kioto-Protokoll sterben zu lassen, hat sie erreicht, dass die Länder bis 2015 darüber reden, sich ab 2020 irgendwie juristisch zu Emissionsreduzierungen zu verpflichten. Schwellenländer wie Indien und China haben das zwar anerkannt, haben aber Zeit gewonnen und die Paragraphen ausreichend gedehnt, um echte Verbindlichkeit zu unterminieren. Die USA müssen sich bis 2020 mit dem Thema nicht wirklich beschäftigen.
Verloren haben die kleinen und verwundbaren Länder, die vom Klimawandel besonders betroffen sind: Sie bekommen zwar den „Grünen Klimafonds“, aus dem sie Geld für saubere Technologie und neue Deiche bekommen können, wenn endlich einmal die Finanzierung geklärt ist. Tatsächlich wird aber kaum etwas dagegen unternommen, dass die Emissionen weiter steigen, dass der Klimawandel ungebremst weiter an Fahrt gewinnt und die Welt sich dramatisch verändert.
ist Autor der taz und berichtet derzeit vom Klimagipfel in Durban.
Wenn es schon ein Erfolg ist, dass die internationale Klimadiplomatie sich eine Runde weiterschleppt, dann zeigt sich, wie ungenügend der UN-Prozess zum Klimawandel das Problem angeht. Sicher, die Europäer haben es geschafft, einen Prozess zu installieren, in dem darüber geredet werden soll, was die Länder noch tun können, um ihre Anstrengungen zu verbessern. Aber das entschlossene Handeln gegen die drohende Klimakatastrophe sieht anders aus.
Zum Beispiel so: China baut massiv seine erneuerbaren Energien aus, Kalifornien beginnt den Emissionshandel, Deutschland versucht sich an der Energiewende, Costa Rica will klimaneutral werden.
Anders als oft behauptet ist der UN-Prozess weder tot noch überflüssig. Er liegt zwar im Winterschlaf, hat aber für Aufmerksamkeit und wichtige Instrumente gesorgt. Soll der Klimaschutz auch nur halbwegs erfolgreich sein, muss alles gleichzeitig passieren: Grünes Wachstum, die für eine ökonomische Basis vor allem für die armen Länder sorgt, eine starke politische Strömung, die die Leitplanken dafür schafft und eine „Occupy Climate“-Bewegung, die von unten für Bewegung sorgt.
Der UN-Prozess darf nicht vorgaukeln, dass dieses Problem schon auf irgendwelchen Klimakonferenzen gelöst wird. Das wird es nicht, wie eben diese Konferenzen zeigen: Klimapolitik muss man schon selbst machen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt