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Klimafreundliche VerkehrsplanungWales baut weniger Straßen

Die Regierung in Cardiff hat wegen Umweltbedenken den Neubau von Brücken und Straßen auf Eis gelegt. Ein Vorbild für Deutschland, meint der BUND.

Werden in Zukunft weniger gebaut: Eine Straße in Wales Foto: Rebecca Naden/reuters

Berlin taz/dpa | Während Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) gerne möglichst schnell mehr Straßen und Brücken bauen lassen würde, zeigt der britische Landesteil Wales: Es geht auch anders! Die Labour-geführte Regionalregierung hat Dutzende großer Straßenbauprojekte gestoppt oder geändert. Der Grund dafür: Umweltbedenken.

Der Beschluss folgt aus einer unabhängigen Überprüfung der landesweiten Straßenbaupläne, die die Regierung in der Hauptstadt Cardiff im Juni 2021 in Gang setzte. Untersucht wurden die Auswirkungen der geplanten Projekte auf die walisischen Klimaziele. Dass zahlreiche Vorhaben nun reduziert, verschoben oder auf Eis gelegt werden, ist Teil des Nationalen Verkehrsplans, der diese Woche vorgestellt wurde.

Der stellvertretende Minister für Klimawandel, Lee Waters, sagte: „Wir werden im Verkehr nicht auf Netto-Null-Emissionen kommen, wenn wir nicht aufhören, immer wieder das Gleiche zu tun“ – das heißt: immer mehr Straßen zu bauen. Zukünftig sollen nur dann neue Trassen entstehen dürfen, wenn sie strenge Klimaauflagen erfüllen – etwa wenn durch den Neubau die CO2-Emissionen oder die Zahl der Autos nicht steigen.

Nun hat die Naturschutzorganisation BUND nach walisischem Vorbild auch hierzulande strengere Vorgaben beim Bau von Infrastruktur gefordert. „Naturzerstörung, Erhöhung der Klimagasemissionen durch den Bau und mehr Verkehr müssen auch in Deutschland zum Ausschlusskriterium für den Neu- und Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen werden“, sagte BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg der Deutschen Presse-Agentur. Dass die Ampel-Koalition derzeit darüber diskutiere, veraltete Pläne für zusätzliche Autobahnkilometer noch schneller umzusetzen, widerspreche den Anforderungen an Natur- und Klimaschutz.

Nahverkehr statt Straßen ausbauen

Hilgenberg forderte eine Verständigung innerhalb der Bundesregierung, wie die Verkehrsinfrastruktur fit für eine klimaneutrale Zukunft und die Mobilitätswende mit weniger Autos gemacht werden könne. „Dafür muss gelten: Erhalt statt Neubau und Schiene vor Straße“, sagte er.

Walisische Um­welt­schüt­ze­r:in­nen bezeichneten die Entscheidung ihrer Regierung als „weltweit führend und mutig“ – doch es gibt auch Kritik. Die Baubranche und die konservative Opposition reagierten empört. Progressive Stimmen forderten: Wenn Straßenbauprojekte – wie eine dritte Brücke zwischen der Insel Anglesey und dem Festland – gestoppt werden, müssten die Menschen auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen können. Ob nun mehr Geld in den Ausbau des Nahverkehrs fließen wird, ist bisher noch zu unklar.

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5 Kommentare

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  • @KARIM ABIDI :-)

  • Ich widme der Verkehrspolitik mal ein kleines Gedicht:



    In anderen Ländern muss man was können und Visionen haben, hier nicht.



    Hierzulande muss man ohne wenn und aber für die Autohersteller und -fahrer sein,



    Moderne Politik für ÖPNV und Klima? Auf kein'.



    Stellt euch das mal vor, mehr Radwege und moderne Züge, ach wie schön könnt das sein,



    Doch am Ende bestimmen weder Kompetenz noch Vision sondern der Lobbyverein

  • Können wir nicht auch einen intelligenten Verkehrsminister bekommen?

    • @tomás zerolo:

      Nope, Deutschland liebt seinen Individualverkehr, hier gibts Freiheit ohne Grenzen, man darf sogar angetrunken Auto fahren und es gibt überhaupt kein Tempolimit auf Autobahnen. Das Land der Freiheit - naja, ausser du willst Drogen nehmen die harmloser als Tabak und Alkohol sind. Oh, und ausserdem darfst du dich net an ner Straße festkleben - also ausser du bist von Pegida, dann würden die Polizisten wahrscheinlich sogar mitmachen, aber wenn du das fürs Klima machst gehörste hinter Gitter. Oh, und du darfst ausserdem keine Politiker als männliches Geschlechtsteil betiteln. Das Land der Freiheiten;)

  • taz: Der stellvertretende Minister für Klimawandel, Lee Waters, sagte: „Wir werden im Verkehr nicht auf Netto-Null-Emissionen kommen, wenn wir nicht aufhören, immer wieder das Gleiche zu tun“.

    Die Leute in Wales haben es also verstanden, dass der Klimawandel keine "Seifenoper" ist, sondern eine echte Gefahr für die Menschheit. Aber im "Autoland" Deutschland möchte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) unbedingt noch weitere Autobahnen bauen. Rund 30 Milliarden Euro sind bis 2030 allein für den Aus- und Neubau neuer Autobahnen vorgesehen: ca. 1740 Kilometer - und da sind neue Straßen in den Städten noch gar nicht mit eingerechnet. Über neue deutsche Autobahnen freut sich aber sicherlich nicht nur die Autolobby, sondern bestimmt auch der Klimawandel, denn allein der Pkw-Verkehr in Deutschland erzeugt jedes Jahr rund 100 Millionen Tonnen CO2. Nun ja, die FDP hatte ja schon in den Sondierungsgesprächen erreicht, dass SPD und Grüne auf ein Tempolimit auf Autobahnen verzichten, und Christian Lindner (FDP) wollte ja nicht einmal ein günstiges Klimaticket für die Bürger, weil FDP-Wähler ohnehin nicht mit Bahnen und Bussen fahren, denn S-Bahnen, U-Bahnen und der Regionalexpress haben vorne kein Porscheschild drauf.