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„Klimacheck“ in DeutschlandIrgendwie gut fürs Klima

Wie in Österreich will auch die Ampelkoalition in Berlin einen „Klimacheck“ für neue Gesetze einführen. Details sind aber noch unklar.

Ein „Klimacheck“ für neue Gestze soll kommen Foto: Christian Ohde/imago

Berlin taz | Einen „Klimacheck“ für neue Gesetze soll es nach Österreich auch in Deutschland geben. So haben es die Ampelkoalitionäre von SPD, Grünen und FDP vereinbart. Doch was genau er bedeutet, ist auch den KlimapolitikerInnen der neuen Regierung noch nicht klar.

Der Passus im Koalitionsvertrag findet sich im Abschnitt zur Weiterentwicklung des „Klimaschutzgesetzes“ (KSG), das nach dem Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts Ende April noch einmal verschärft wurde. Die Ampelkoalition will das Gesetz per „Klimaschutz-Sofortprogramm mit allen nötigen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen“ weiterentwickeln. Noch ist nämlich viel zu tun, um die ehrgeizigen Ziele des KSG (minus 65 Prozent Treibhausgase bis 2030) und der Koalitionsvereinbarungen (80 Prozent Anteil Ökostrom am Gesamtverbrauch bis 2030) zu erreichen.

Klimaschutz soll „zu einer Querschnittsaufgabe werden, indem das jeweils federführende Ressort seine Gesetzentwürfe auf ihre Klimawirkung und die Vereinbarkeit mit den nationalen Klimaschutzzielen hin prüft und mit einer entsprechenden Begründung versieht (Klimacheck).“ Erstens geht es also nur um neue Gesetze. Bestehende Regeln wie der Bundesverkehrswegeplan, Betriebsgenehmigungen für Kraftwerke oder die Erlaubnis für die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 sind nicht betroffen.

Zweitens ist nur von „Gesetzentwürfen“ die Rede – Verordnungen oder einzelne Projekte wie Straßenbauten sind wohl nicht gemeint. Außerdem wird die Ressortzuständigkeit gewahrt: Jedes Ministerium prüft seine Gesetze selbstständig darauf, ob sie mit den nationalen Klimazielen „zu vereinbaren“ sind.

Kein Vetorecht für das Klimaministerium

Was es damit nicht gibt, ist ein Vetorecht für das grün geführte Wirtschafts- und Klimaministerium bei Projekten anderer Ressorts. Etwas ähnliches hatten die Grünen im Wahlkampf ins Spiel gebracht. Der jetzt vereinbarte „Klimacheck“ läuft also darauf hinaus, dass alle Ministerien nach bisher unklaren Maßstäben ihre eigenen Gesetze zusätzlich darauf abklopfen, ob sie mit den Vorgaben des KSG kollidieren.

Unklar bleibt, was in einem solchen Fall passiert. Zudem ist nicht sicher, ob die Ministerien einheitliche Maßstäbe bei ihren Prüfungen anlegen müssen. Und was passiert, wenn ein Ministerium sein Gesetz als vertretbar mit dem KSG bezeichnet, aber andere Häuser das anders sehen? Wer ist der Schiedsrichter?

Alle diese Fragen müssten erst noch als Verwaltungsvorschriften entwickelt werden, heißt es aus der Ampelkoalition. Oder eben beim ersten Konfliktfall.

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