Klima und Umweltschutz im Vergleich: Deutsche Städte sind relativ grün
Im europäischen Vergleich schneiden Metropolen in Deutschland beim Klima- und Umweltschutz gut ab. Umweltbewusstsein und Vorschriften heißen die Gründe.
BERLIN taz | Deutsche Großstädte sind beim Klima- und Umweltschutz überdurchschnittlich gut und liegen im europäischen Vergleich in der Spitzengruppe - dort befinden sie sich allerdings hinter skandinavischen Städten und Metropolen wie Amsterdam und Zürich. Das zeigt eine neue Städtestudie des Forschungsinstituts Economist Intelligence Unit, die am Dienstag veröffentlicht wurde. Auftraggeber der Studie war Siemens.
Der Konzern hofft, mit solchen Analysen an Aufträge zum Bau städtischer Infrastruktur zu kommen. Rudolf Martin Siegers, Chef von Siemens Deutschland: "Als weltweit führender Anbieter grüner Technologien können und wollen wir den Städten helfen, ihre Infrastruktur nachhaltig auszubauen."
Zehn von zwölf untersuchten deutschen Städten erreichten bei der Studie mit "Überdurchschnittlich gut" die zweithöchste von fünf Bewertungsstufen. Damit schneiden sie besser ab als der Großteil der 29 untersuchten europäischen Metropolen: In die höchste Kategorie schaffte es keine.
Stark sind die deutschen Städte beim schonenden Umgang mit Wasser, bei der Wiederverwertung von Rohstoffen, bei der Erarbeitung von Umweltstrategien und bei der Energieeffizienz von Gebäuden; weniger stark sind sie bei der Minderung des Ausstoßes von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2).
Im Gesamtergebnis waren folgende deutsche Städte überdurchschnittlich: Berlin, Bremen, Frankfurt und Hamburg, Hannover, Leipzig. Dazu gehörten auch: Mannheim, München, Nürnberg und Stuttgart. Nur Essen und Köln waren lediglich durchschnittlich.
In der überdurchschnittlichen Gruppe liegen auch Amsterdam, Brüssel, Helsinki sowie Kopenhagen, Oslo, Stockholm, Wien und Zürich. In der durchschnittlichen Gruppe befinden sich unter anderem London, Madrid, Paris, Rom und Warschau. Unterdurchschnittlich waren hingegen Athen, Budapest und Dublin. Auch Istanbul, Lissabon und Prag fielen in diese Kategorie. Weit unterdurchschnittlich schnitten derweil Belgrad, Bukarest, Kiew, Sofia und Zagreb ab.
Auch Industriestädte vorn
Für die Studien wurden untersucht: CO2-Emissionen, Energie, Gebäude, Verkehr, Wasser, Abfall und Landnutzung, Luftqualität und Umweltmanagement.
Interessant ist, dass bei den untersuchten deutschen Städten weder der Industrialisierungsgrad noch das Einkommensniveau ein ausschlaggebender Faktor für das Umweltranking sind. So befinden sich die stark industrialisierten Städte Mannheim und Stuttgart ebenso in der oberen Gruppe wie das reiche Frankfurt oder die ärmeren Städte Berlin und Leipzig.
Für das relativ gute Abschneiden deutscher Städte machen die Autoren der Studie einheitliche Bauvorschriften, bundesweite Richtlinien für Umwelt- und Stadtentwicklung und ein über Jahre gewachsenes Umweltbewusstsein verantwortlich. Schon Preußen habe eine Naturschutzbehörde gegründet - die "Staatliche Stelle für Naturdenkmalpflege".
Weltmeister beim Wassersparen
Führend sind die deutschen Städte beim Wassersparen: Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch ist mit 59 Kubikmetern etwa halb so hoch wie in anderen europäischen Städten. Zudem hat Berlin die wenigsten Probleme mit Leitungslecks: nur zwei Prozent Wasserverlust. Im europäischen Index-Mittel hingegen versickern 19 Prozent des Wassers.
Bei den Gebäuden verbrauchen die deutschen Städte im Mittel 20 Prozent weniger Energie als ihre europäischen Nachbarn. Sehr gut auch das Recycling: Trotz eines höheren Abfallaufkommens wird in Deutschland dreimal so viel wiederverwertet wie im Rest Europas.
Weniger gut sieht es bei den CO2-Emissionen aus. Deutsche Städte schneiden im Europa-Vergleich am schlechtesten ab. Grund: hoher Kohleanteil bei der Energieerzeugung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind