Kleingärten-Umwandlung: Lieber nicht zu viel Grün
Bremens Bausenator schlägt vor, aus brach liegenden Parzellen Naherholungsgebiete zu machen. Der Verband der Kleingärtner ist dagegen.
Sie begründet dies mit der Sorge davor, dass diese Grünflächen von der Stadt dann nicht ausreichend gepflegt würden. „Anlegen und anschließend einmal im Jahr Totholz rausschneiden und das Gras schlegeln – das reicht uns nicht“, sagt Drechsler. „Wenn wir schon Flächen hergeben, dann nicht dafür, dass sie einen schädlichen Einfluss auf unsere Anlagen haben.“
Was fehle, seien Wohnungen
Außerdem gebe es in Bremen bereits genügend Naherholungsgebiete, Wohnraum würde hingegen fehlen. „Wir wünschen uns eine Aufwertung der Stadtteile Walle und Gröpelingen und vernünftigen Geschosswohnbau, dann hätten wir gleich neue Interessenten für unsere Kleingärten“, sagt Drechsler. Damit widerspricht sie dem baupolitischen Sprecher der SPD, Jürgen Pohlmann, der im Mai gefordert hatte, auf Kleingartengebieten Reihen- oder Doppelhäuser für „den Mercedes-Arbeiter“ zu bauen.
Die Gartenfreunde waren über diesen Vorstoß zu dem Zeitpunkt nicht amüsiert – weil er nicht mit ihnen abgesprochen war, so beschwerten sie sich im Weser Kurier.
Doch SPD-Politikern, die neues Bauland fordern, fühlt sich der Landesverband der Kleingärtner immer noch näher als einem Bausenator, dem „Grün, grün, grün über alles“ gehe, wie die Gartenfreunde-Geschäftsführerin es nennt: „Da soll möglichst jede Pflanze stehen bleiben, auch dort, wo sie vielleicht gar nicht hin gehört und keinen ökologischen Nutzen hat.“
Zank um hohe Bäume
Gartenordnung der Gartenfreunde Bremen e.V.
Ein strittiges Thema zwischen der Kleingärtnerlobby und den Grünen ist der Umgang mit hoch gewachsenen Bäumen in Parzellengebieten. Die umweltpolitische Sprecherin der Grünen, Maike Schaefer, hatte im Mai kritisiert, dass in Kleingärten die Baumschutzverordnung nicht gilt, und von einem Fall auf dem Stadtwerder berichtet, bei dem eine Parzellistin einen alten Ahorn fällen soll. „Das kann ja wohl nicht sein“, hatte Schaefer gesagt und auf die wichtige Funktion von Bäumen für das Stadtklima hingewiesen.
Der Verein „Werder“ hat der Pächterin des Kleingartens jetzt zum 30. November gekündigt, weil sie der Aufforderung nicht nachgekommen ist, den Baum zu fällen. „Der Garten ist seit 100 Jahren in Familienbesitz“, sagt die Pächterin Barbara Wulff, ihr Urgroßvater habe den Garten 1917 von der Stadt Bremen gepachtet. Der Ahorn gehört für sie dazu, sie will ihn erhalten.
Der Verein hält aber das Risiko für zu groß, dass Passanten von herabfällenden Ästen verletzt werden könnten. Der Baum, bei dem einige tote Äste zu erkennen sind, steht genau auf der Grenze der Parzelle: In der Hecke zum Strandweg am Weserufer. Zudem, schreibt die Vereinsvorsitzende in einer Mail, will der Verein nicht für die Fällkosten aufkommen, wenn Wulff den Garten irgendwann einmal abgibt – was er jetzt allerdings ohnehin tun müsste, wenn die Kosten nicht dem nachfolgenden Pächter aufgebürdet werden sollen. Wulffs Vater hätte den Baum bereits fällen sollen, sagt der Verein und begründet dies mit der Gartenordnung der Bremer Kleingartenvereine. Diese schreibt eine maximale Wuchshöhe von vier Metern vor.
„Großwüchsige Park- und Waldbäume haben ihren Standort ausschließlich in den Anlagen des Gemeinschaftsgrüns“, heißt es weiter in der Gartenordnung. Konsequent eingehalten wird das aber nicht. In unmittelbarer Nähe des Ahorns befinden sich einige Bäume, die die vier Meter längst hinter sich gelassen haben.
Gespräche stehen an
Deshalb, sagt der Sprecher des Bausenators, Jens Tittmann, wolle man jetzt Gespräche mit dem Kleingartenverband führen, wie viele solcher „Problembäume“ es in der Stadt gibt. „Grundsätzlich haben wir ein Interesse, diese Bäume zu erhalten, müssen aber erst einmal wissen, was da auf uns zukommt, bevor wir uns für zuständig erklären.“
Im Fall des Ahorns auf dem Stadtwerder, so Tittmann, hoffe die Behörde, dass der Verein sich damit einverstanden erklärt, die Parzelle an die Stadt zurück zu geben, so dass diese sie direkt verpachten kann – mit der Auflage, dass die Pächterin den Baum von einem zertifizierten Baumpfleger beschneiden und begutachten lässt.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau