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Kleine Anfrage zur Situation GeflüchteterKaum Schimmer von Frauen

Die Grünen wollten in einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung wissen, wie es geflüchteten Frauen geht. Die Antwort fällt dünn aus.

Eine Frau mit ihrem Kind in einer Erstaufnahmeeinrichtung in Rheinland-Pfalz Foto: dpa

Berlin taz | Ein Drittel aller Flüchtlinge, die im Januar in Deutschland zum ersten Mal einen Asylantrag gestellt hatten, sind Frauen und Mädchen, etwa 17.000. Diese Angabe des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lässt viele Menschen fragen, was mit den Frauen hierzulande passiert.

Antworten sind mitunter schnell gegeben: Sie verlassen ihre Unterkünfte kaum, kümmern sich um ihre Kinder, in Integrationskursen tauchen Frauen nur selten auf. So jedenfalls stellt es sich dar, wenn man Flüchtlingsheime besucht und sich mit geflüchteten Frauen unterhält.

Die Grünen im Bundestag wollten es etwas genauer wissen und haben der Bundesregierung eine kleine Anfrage geschickt. So wollte die Fraktion wissen, wie viele der geflüchteten Frauen als Analphabetinnen hergekommen sind. Wie häufig sie Integrationskurse besuchen. Ob sie auf Dauer in Deutschland bleiben und hier auch arbeiten wollen.

Doch schlauer sind die Grünen jetzt sicher nicht. „Der Bundesregierung liegen keine validen Daten zum Bildungsstand geflüchteter Frauen und Mädchen im Vergleich zu männlichen Altersgenossen aus ihren jeweiligen Ländern vor“, heißt es in der Antwort an die Partei, die der taz vorliegt.

Fakten für den Überblick

Ebenso wenig weiß die Bundesregierung, wie die „spezifische Situation der seit 2015 nach Deutschland geflüchteten Frauen und Mädchen“ ist: Ob sie verheiratet sind, ob sie in ihren Heimatländern zur Schule gegangen sind, ob sie einen Beruf gelernt haben. Ulle Schauws, frauenpolitische Sprecherin, ist unzufrieden. „Es ist dringend erforderlich, dass sich die Bundesregierung einen Überblick mit Daten und Fakten darüber verschafft, welche Gruppen welche Angebote brauchen“, kritisiert sie.

Unabhängig von ihren persönlichen Umständen, wünscht sich die Bundesregierung nämlich von den geflüchteten Frauen laut dem Papier, dass diese „ermutigt werden, ihre Lebenssituation zu reflektieren, realistische Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln“.

Die Bundesregierung verweist auf mehrere aktuelle Untersuchungen, die einen Überblick über die Lebensumstände der weiblichen Flüchtlinge in Deutschland geben sollen. Die Ergebnisse, die in diesem und im kommenden Jahr vorliegen sollen, dürften bereits vorhandene Erkenntnisse des BAMF ergänzen. Das weiß seit einiger Zeit, dass ein Drittel der Flüchtlingsfrauen in Deutschland keine Schule besucht hat und 82 Prozent keinen Beruf haben.

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7 Kommentare

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  • Es wäre gut mehr Daten zu haben. Das passiv aggressive Gerede von den Fachkräften glaubt ja ohnehin niemand so richtig, der schon mal mit Geflüchteten gearbeitet hat. Das Ziel der zynischen neoliberalen Migrationsagenda bleibt den Druck auf dem Kessel zu erhöhen, gerne auch durch Import neuer sozialer Unterschichten. Der soziale Sprengstoff ist ziemlich scharf.

  • "Gastarbeiter" und Gastarbeiterkinder heute:

     

    Unter den heute 17- bis 45-Jährigen mit türkischen Wurzeln haben 51 Prozent nach der Schulzeit keinen Berufabschluss erreicht.

     

    Wie hoch ist der Anteil der Frauen ohne Schulabschluss und ohne Berufsbildung?

     

    Vor allem Frauen bleiben offensichtlich bei staatlichen und pseudowissenschaftlichen Studien außen vor - oder?

     

    Ürigens, nach dem aktuellen Datenreport, den das Wissenschaftszentrum Berlin zusammen mit dem Statistischen Bundesamt veröffentlicht hat, verfügt der durchschnittliche deutsche Haushalt über netto 1730 Euro im Monat, der entsprechende Migrantenhaushalt 1482 Euro -- und der türkische Durchschnittshaushalt nur 1242 Euro.

     

    Über wieviel bzw. wie wenig verfügen Frauen? Da doch offensichtlich (?) auch hier die Männer über die geringen Nettoeinkommen verfügen? (!)

     

    Nach dem Datenreport für die Gesamtgruppe der Migranten und ihrer Nachkommen, zusammen 16,4 Millionen Menschen in der BRD, liegt deren Armutsrisikoquote bei 24 Prozent der Erwachsenen. Unter den 2,9 Millionen Einwohnern mit türkischen Wurzeln ist der Anteil noch deutlich höher: 36 Prozent.

     

    Wie hoch ist die Armutsrisikoquote für Frauen und deren Kinder unter den Migraten? Liegt deren Armutsquote heute über 50 % oder künftig gar über 80 % in der bundesdeutschen Wohlstands- und Reichtumsgesellschaft?

     

    Es ist offensichtlich wie mit der vorgeblichen bürgerlichen Emanzipation und medial-juristischen Gleichstellung der Frau in der deutschen Gesellschaft. Auch nach nunmehr 67 Jahren, die große Mehrheit der Frauen muss im Alltagsleben immer noch darauf warten!

     

    Merke: Ohne gemeinsamen Kampf gibt es keine Gleichstellung der Frau und keine Befreiung aus Armut!

  • Na, Hauptsache, wir Bürger wissen Bescheid über das Wohlbefinden der Frau Nummer 1 in unserem Staat. Und damit es der richtig gut geht, dürfen problematische Fakten schon mal "gebogen" oder komplett verheimlicht werden.

  • 3G
    34420 (Profil gelöscht)

    Das ist schon alles sehr eigenartig. JETZT hat man herausgefunden, dass 2/3 der Flüchtlinge junge, ausbildungs- und berufslose Männer sind. JETZT ahnen Studien, was es mit den durchgekommenen Frauen auf sich hat. Ja, seit wann kommen denn aus Kriegs- und Krisengebieten dieser Welt ausgebildete und arbeitsfähige Menschen, die auch noch umgehend in den hochdifferenzierten dt. Arbeitsmarkt eingegliedert werden können, und nicht heftig traumatisiserte Menschen, die vor allem im weitesten Sinne soziale Hilfe benötigen?

  • Leider wird in diesem Artikel der Umkehrschluss gar nicht erwaehnt: Dass naemlich der ueberwiegende Teil der Fluechtlinge aus Maennern besteht.

     

    Ich kann es ja sogar verstehen, dass die nochmal mehr Angst haben, in die Konflikte verwickelt zu werden, oder in die Armee eingezogen zu werden.

     

    Eine Herausforderung stellt das trotzdem fuer eine Gesellschaft dar.

     

    PS: Ich hoffe, dass dieser Kommentar dieses mal erscheint. Er bezog sich auf diesen Artikel https://www.taz.de/Kleine-Anfrage-zur-Situation-Gefluechteter/!5305816/

  • 3G
    34420 (Profil gelöscht)

    Es gehört zu den üblen Lügen der Flüchtlingspolitik, dass behauptet wurde, es würden ausgebildete Menschen kommen, die umgehend in D Arbeit finden würden. JEDER konnte und musste wissen, dass das nicht so sein konnte. Nun haben es also wieder mal die berühmten Studien herausgefunden.

     

    Ich schlage mal vor, fortan anzunehmen, dass aus Kriegs- und Krisengebieten in der absoluten Mehrheit traumatisierte Menschen kommen, die im weitesten Sinne soziale Hilfe benötigen. Es ist mit Sicherheit ein Kulturschock auch für nicht Traumatisierte, aus den afghanischen Bergen nach Bitterfeld oder Bogenhausen zu kommen. Also ich brauch' für die Erkenntnis keine Studie.

  • Eine Gesellschaft, in der eine der ältesten politischen Parteien von einer Gruppe von Besitzstandslobbyinteressenvertretern, hier die Gruppe Schröder, usurpiert und nahezu widerstandslos zur Optimierung der eigenen Bedürfnisse und des eigenen Vermögens instrumentalisiert werden kann, zeigt ein geistig-moralisches, ethisch-sittliches, demokratisch-zivilisatorisches und professionell-informationelles Bild, dass eigentlich nur mit dem Bild "Stützen der Gesellschaft" von George Grosz vergleichbar ist.

     

    Dass in Niedersachsen die Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe des Landes Niedersachsen eine von den Hannoveraner und Braunschweiger Erbfreunden ins Amt gehievte Doris Schröder-Köpf ist, erinnert angesichts der Realleistungsbilanz dieser "Leistungsträgerin" an deren historische Vorgängerinnen, die wie Jeanne-Antoinette Poisson, dame Le Normant d'Étiolles, marquise (Markgräfin) de Pompadour, duchesse (Herzogin) de Menars, Marie Jeanne, comtesse du Barry, Baronin Anne Louise Germaine de Staël-Holstein bzw. Madame de Staël etc. wesentlichen Einfluss auf die politische Gestaltung der damaligen französischen Gesellschaft hatten.

     

    Dass diese Art der Seilschafts- und Netzwerksmissbrauchspraxis auch heute noch zu solchen Formen exzessiver Realleistungsunfähigkeitsinszenierungen in öffentlichen Ämtern und Funktionen führt, ist einer der Gründe, weshalb auch "Der Bundesregierung keine validen Daten zum Bildungsstand geflüchteter Frauen und Mädchen im Vergleich zu männlichen Altersgenossen aus ihren jeweiligen Ländern vorliegen."

     

    Die Kernkompetenzen der heutigen Amts-, Funktions- und Machtinhaber: Selbstinszenierung, Selbstdarstellung, höfisches Stolzieren und manierierte Selbstpräsentation, natürlich mit dem gesamten Instrumentarium von PowerPoint & Co.

     

    Glanz und Elend der deutschen Realpolitik und Realelite.