Kleinanleger in Zypern: Verhandlungspoker geht weiter
Das Parlament in Nikosia verschiebt sein Votum über den Rettungskredit. Es soll nachverhandelt werden. Kleinanlager sollen verschont bleiben
BERLIN taz | Aus Furcht vor Protesten gegen die geplante Zwangsabgabe für alle Sparer haben Zyperns Sicherheitskräfte das Parlament des Inselstaats mit Stacheldrahtrollen abgesperrt. Doch die Abstimmung über den umstrittenen Eurorettungskredit in Höhe von 10 Milliarden Euro wurde am Montag in letzter Minute erneut verschoben – nun auf den Dienstag. Grund: Die Regierung befürchtete, dass die Mehrheit der Abgeordneten die Bedingungen für den Kredit nicht akzeptieren. Sie verfügt nur noch über 28 von 56 Sitze, und die Opposition hat bereits ihr Nein abgekündigt.
Bei einer Ablehnung droht eine unkontrollierte Pleite der Banken und des Staates. Alle Banken bleiben bis zum Donnerstag geschlossen. Sie wollen verhindern, dass Anleger massenhaft ihre Guthaben abziehen.
Auch das Onlinebanking wurde gestoppt, die meisten Geldautomaten sind inzwischen leer. In anderen Euroländern wuchsen ebenfalls die Befürchtungen, dass das Ersparte nicht mehr sicher sein könnte.
In dieser Situation bemühte sich Zyperns Regierung am Montag um Nachverhandlungen mit den Euroländern. Die zuvor geschlossene Vereinbarung sieht vor, dass auch Kleinsparer mit Guthaben von bis zu 100.000 Euro 6,75 Prozent ihres Guthabens per Sondersteuer verlieren. Höhere Einlagen sollen 9,9 Prozent verlieren. Das hat einen Sturm der Entrüstung unter den Zyprern ausgelöst.
Präsident Nikos Anastasiades sagte am Sonntagabend in einer im Fernsehen übertragenen Rede an die Nation, er habe der Vereinbarung nur zugestimmt, um noch Schlimmeres – nämlich eine Pleite der zwei größten Banken der Insel – zu verhindern. „Die Lösung, die wir gefunden haben, ist sicherlich nicht diejenige, die wir wollten“, sagte Anastasiades.
Bis zu 20.000 Euro bleiben unangetastet
In neuen Verhandlungen will Anastasiades durchsetzen, dass die Belastung für Kleinsparer verringert wird. Im Gespräch ist nach einem Bericht der zyprischen TV-Station RIK, deren Beitrag auf 3 Prozent zu reduzieren. Um dennoch auf die von der EU verlangte Gesamtsumme von 5,8 Milliarden Euro zu kommen, sollen Einlagen von mehr als 500.000 Euro mit 15 Prozent Zwangsabgabe belegt werden. Ebenfalls diskutiert wurde über einen Freibetrag von bis zu 20.000 Euro. Nach dpa-Informationen vom Abend ist das so gut wie sicher. In diesem Fall bliebe es bei einer Belastung von 6,75 Prozent für Beträge zwischen 20.000 und 100.000 Euro.
Der neue Kompromiss sollte noch am Montag geschlossen werden, hieß es in EU-Kreisen. Das Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), Jörg Asmussen, sagte, Zypern könne die Bedingungen für die Beteiligung der Sparer ändern. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) signalisierte seine Zustimmung, solange die Gesamtsumme von 5,8 Milliarden Euro erreicht werde. Die Belastung der Bankeinlagen von Kleinsparern sei keine Erfindung der Bundesregierung, sagte er.
Proteste auch in Russland
Die Bundesregierung hätte mit einer anderen Lösung „überhaupt kein Problem“. Schäubles Darstellung, die Belastung der Sparer ginge auf eine Entscheidung Zyperns zurück, stieß dort auf Widerspruch: „Schäuble wollte ursprünglich noch viel mehr von den Sparern“, hieß es gegenüber der taz aus Delegationskreisen. Seine Behauptung sei „dreist“. Man sei zu der Vereinbarung erpresst worden.
Proteste kamen auch aus Russland. Der Plan sei „ungerecht, unprofessionell und gefährlich“, erklärte Präsident Wladimir Putin. Regierungschef Dmitri Medwedjew sprach von einer „Konfiszierung ausländischen Geldes“. Die Moskauer reagierten nicht ohne Grund: Bei Zyperns Banken liegen nach Schätzungen der Ratingagentur Moody’s Einlagen russischer Bürger in Höhe von bis zu 14,5 Milliarden Euro.
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