Klaus Püschel: Lesung bei Burschenschaft abgesagt
Der umstrittene Rechtsmediziner hat die Einladung der rechtsextremen Verbindung abgesagt – klar distanziert hat er sich nicht.
Im Hause der Landsmannschaft in der Sierichstraße an der Elbe sollte die Veranstaltung im Rahmen des eigenen Wintersemesterprogramms stattfinden. Am Dienstag hatte die taz über den Auftritt bei der Landsmannschaft berichtet, die den „deutschen Selbsthass“ als „ungesund und dekadent“ beklagt und die „Vaterlandsliebe“ betont. Schon 1993 schreib der Verfassungsschutz in einem vertraulichen Informationsbericht: „Als zumindest rechtsextremistisch beeinflusst hat ebenso die 'Landsmannschaft Mecklenburgia’ zu gelten“.
Dem Gerichtsmediziner wird seit Jahren vorgehalten, untrennbar mit den Brechmitteleinsätzen gegen mutmaßliche Drogendealer:innen beteilig gewesen zu sein, bei denen 2001 der 19-jährige Nigerianer Achidi John starb. Die Lesung aus Püschels Thriller „Totenpuzzel“ im Rahmen des Krimifestivals am Donnerstag bei der Hamburger Kulturfabrik Kampnagel hatte aus dem Grund für öffentliche Kritik gesorgt. Die Lesung wurde abgesagt, Kampnagel distanziert sich öffentlich von Püschel.
Die „Landsmannschaft Mecklenburgia“ erklärte nun auf ihrer Homepage, dass die Veranstaltung mit Püschel aus „seuchenpolitischen Gründen“ abgesagt worden wäre. Das „Hamburger Bündnis gegen Rechst“ (HBdR) bezweifelt diese Begründung. Denn Püschel hatte den Umgang mit der Pandemie als überzogene Angstmache kritisiert. Dem Hamburger Abendblatt erklärte Püchel jüngst: „Wir haben es besprochen und gemeinsam entschieden, die Veranstaltung nicht stattfinden zu lassen.“ Ein Satz in dem keine Distanzierung zu der Landsmannschaft anklingt.
Der pensionierte Rechtsmediziner wäre nicht die erste Person gewesen, die sich von einer studentischen Verbindungen distanzierte, da ihr dessen politische Hintergründe nicht gänzlich bekannt gewesen seien. Das HBgR betont: „Hier findet sich kein einziges Wort der politischen Distanzierung von der braunen Landsmannschaft“. Und das Bündnis verweist auf das weitere Semesterprogramm der schlagenden Verbindung: Hier feiert man nicht den Tag der Deutschen Einheit, sondern am 22. Januar 2022 die Reichsgründung unter Bismarck. Die Landsmannschaft stelle sich in die Tradition des undemokratischen, antiliberalen und nationalistischen Deutschen Reiches, dessen Gründung 1871 als Akt der Demütigung im besetzten Versailles stattfand. Den Sieg über den Erbfeind Frankreich zelebriert die Burschenschaft regelmäßig mit dem „Sedan-Bier am Freitag“. Das HBgR schreibt: „Wir fordern Herrn Professor Püschel auf, sich von der Landsmannschaft Mecklenburgia eindeutig zu distanzieren“. Das Bündnis fordert ebenso, dass Püschel „sich für die von ihm mitverantworteten Brechmitteleinsätze“ entschuldigen soll.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann