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■ StandbildKlassischer Koitus

„Reise nach Weimar“, Do., 20.15 Uhr, ARD

Dominik Graf macht eine Liebesgeschichte zum Tag der Einheit: Wessis in Weimar. Spät-Heimkehrer murmeln „Goldgrube“ und führen eine aparte Tochter – halbitalienische Münchnerin – in dringend heiratsfähigem Alter mit sich. Es naht ein Ossi, die Wessis zu befideln. Der ganzitalienische Heimkehrer-Opa kräht selig. Opa ist Kommunist und litt in Buchenwald. Fidelnder Ossi war früher Lehrer und leidet unter Abwesenheit des Kommunismus. Natürlich hegt der rote Opa ein Interesse an einem Kommunistenschwiegersohn, mag der auch noch so ein Dödel sein. Opi schaltet also seine alte kommunistische Internationale in Form eines Russen und eines Priesters ein, um West-Mafalda und Ost-Hauke zusammenzuführen.

Die Liebesgeschichte ... ärchz! Schon lange habe ich mich nicht so geärgert. Das Paar redet elegant, wessi- wässrig und trunken, dabei „geht ma' bei uns erscht ma ins Bett und säuft hinterher“. Zudem konnte ich partout nicht nachvollziehen, warum Mafalda einem (!) einzigen Fehltritt mit diesem weinerlichen Schlucker nachtrauert. Und: Hat man je davon gehört, daß ein Ossi-Männchen bei einem Wessi-Weibchen Anklang gefunden hätte? Kein Weimaraner heißt Hauke, und wer, bitteschön, heißt schon Mafalda! Sylvester Groth, der einst aus der DDR in den Westen entsprang, hüpft also auf Barbara Auer, die nach „Nikolaikirche“ weiter an ihrer Ossimilierung arbeitet.

Die Verliebung erfolgt an Goethens Schreibtisch, anschließend Petting beim „Genius loci“. Am Ende fällt Mafalda in Ohnmacht, dann Koitus und Opa strahlt. Lieber Dominik Graf, drehe doch einfach einen Arbeiterklassenkampf-Film. Das kannst du bestimmt besser! Anke Westphal

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