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Klage wegen geschrumpfter SchokoladeHersteller Mondelez melkt die Milka-Kuh

Milka spart am Inhalt von Schokotafeln. Jetzt klagt die Verbraucherzentrale Hamburg – der Hersteller verteidigt sich.

Mogelpackung: klein und versteckt steht das wahre Gewicht der Schokolade auf der Rückseite Foto: Ulrich Wagner/imago

Berlin taz/dpa/afp | Die lila Packung bleibt, es ist aber weniger drin: Weil Schokoladentafeln von Milka inzwischen 90 statt bisher 100 Gramm wiegen, ziehen Ver­brau­cher­schüt­ze­r:in­nen vor Gericht. Die Verbraucherzentrale Hamburg reichte eine Klage gegen den Hersteller Mondelez beim Landgericht Bremen ein, wie die Organisation am Montag mitteilte. Der Vorwurf: unlauterer Wettbewerb. Denn aus Sicht der Verbraucherschützer handelt es sich bei der neuen Tafel um eine Mogelpackung.

Mogelpackungen sind zu einem drängenderen Thema geworden, seitdem die Preise für Lebensmittel nach dem russischen Angriff auf die Ukraine zeitweise deutlich gestiegen sind. In diesem Zuge haben auch diverse Hersteller Packungsgrößen verringert – den Preis aber konstant gehalten. „Shrinkflation“ heißt diese Phänomen, abgeleitet vom englischen „shrink“ für schrumpfen und Inflation.

„Viele Verbraucherinnen und Verbraucher kaufen die Schokolade von Milka seit vielen Jahren in der gewohnten Verpackung und gehen davon aus, dass sich die Füllmenge nicht verändert hat“, sagt Armin Valet, Lebensmittel-Experte bei der Verbraucherzentrale zu dem aktuellen Fall. „Doch sie werden getäuscht, weil etliche Sorten nur noch 90 Gramm zum gleichen oder gar höheren Preis enthalten“.

Aus Sicht der Verbraucherzentrale ist der Unterschied zwischen den Schokoladentafeln nur im direkten Vergleich zu erkennen. Während die Verpackung und das Design den Angaben zufolge identisch sind, ist die Tafel selbst um rund einen Millimeter dünner geworden. Ein deutlicher Hinweis auf die Reduzierung des Inhalts fehle, kritisiert die Verbraucherzentrale. Sie stehe zwar klein auf der Vorderseite der Verpackung, sei aber leicht zu übersehen und werde häufig von den Verkaufskartons im Supermarktregal verdeckt. Vor Gericht wollen sie nun einen deutlichen Hinweis auf der Packung erwirken.

Eine winzige Zahl

„Ein winziger Zahlenaufdruck, der zudem noch von Kartonlaschen verborgen wird, reicht nicht aus. Wer weniger Ware in gleicher Verpackung anbietet, muss klar und unübersehbar darauf hinweisen“, sagt Valet. Er fordert von der Bundesregierung verbindliche Vorgaben zu schrumpfenden Packungsinhalten. Hersteller sollten ihm zufolge verpflichtet werden, für mindestens sechs Monate einen Warnhinweis anzubringen. Die Packungsgröße müsse außerdem mit dem Inhalt kleiner werden.

„Unternehmen wie Mondelez nutzen die Gesetzeslücke immer wieder schamlos aus“, sagte Valet. In den vergangenen Jahren seien viele Hundert Beschwerden zu den Tricksereien des Lebensmittelkonzerns eingegangen. In einer Online-Abstimmung der Verbraucheroganisation Foodwatch im Juli war Milkas „Alpenmilch“-Schokolade zur „dreistesten Werbelüge des Jahres“ gewählt worden. 34 Prozent der Teilnehmenden stimmten dafür, den Schmähpreis „Goldener Windbeutel“ an Mondelez zu verleihen. Der Hersteller hatte den Preis für die Tafel von 1,49 Euro auf 1,99 Euro erhöht und kurz darauf den Inhalt von 100 auf 90 Gramm verringert.

Hersteller Mondelez Deutschland verteidigt sich in dem aktuellen Fall. Transparenz für die Verbraucher habe oberste Priorität, erklärte eine Sprecherin des Unternehmens. „Deshalb geben wir das neue Gewicht jeder Tafel deutlich auf der Produktverpackung an.“ Das Unternehmen habe die Kunden zudem in den sozialen Medien über die Änderungen informiert, eine Übersicht mit allen Tafeln, Sorten und Gewichten sei jederzeit auf der Milka-Website zu finden.

Die Erhöhung der Preise für die Kunden sei immer das letzte Mittel, teilte der Hersteller mit. Doch die Kosten für die Lieferkette und die Zutaten seien zuletzt stark gestiegen. „So haben sich beispielsweise die Kakaopreise in den letzten zwölf Monaten fast verdreifacht und ein Rekordniveau erreicht.“ Um wettbewerbsfähig zu bleiben und keine Kompromisse beim Geschmack und der Qualität eingehen zu müssen, habe der Hersteller das Gewicht der Milka-Tafel im Standard- und im Großformat angepasst.

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