piwik no script img

Klage von Webcam-Stripperin abgewiesenFrau Hot darf zuhause nicht stöhnen

Gegen Geld entkleidet sich Natalie Hot vor der Web- Kamera in ihrer Wohnung. Das Verwaltungsgericht München hat entschieden, dass das nicht mehr geht.

Wollen wahrscheinlich nach Mallorca ziehen: Natalie Hot und ihr Ehemann und Manager Foto: dpa

MÜNCHEN dpa | Die Webcam-Pornodarstellerin Natalie Hot darf sich nicht mehr gegen Bezahlung in ihrem Wohnhaus vor der Internet-Kamera ausziehen. Nach der mündlichen Verhandlung vom Vortag teilte das Verwaltungsgericht München am Donnerstag mit, dass die 24-Jährige ihre Arbeit in dem oberbayerischen 6.000-Einwohner-Dorf Ampfing aufgeben muss, weil „die Tätigkeit in nicht unerheblichem zeitlichen Umfang stattfindet und dem am Wohnort angemeldeten Gewerbe der Klägerin, also der dauerhaften und regelmäßigen Erwerbstätigkeit, dient“. Dies aber kollidiere mit dem Baurecht, das für das Gebiet nur eine Wohnnutzung vorsieht (Az: M 1 K 16.1301).

Die Beteuerungen Hots sowie ihres Ehemanns und Managers, aus vergangenem Fehlverhalten lernen zu wollen, überzeugten die Kammer nicht. Auch mit einem diskreteren Auftreten gebe es eine „gewisse Außenwirkung“, was nicht mehr in den Rahmen einer zulässigen Wohnnutzung falle.

„Die beantragte Nutzungsänderung eines Zimmers in ein Darstellungs- und Schaustellereizimmer konnte deshalb nicht, auch nicht im Wege der Ausnahme oder Befreiung, genehmigt werden.“ Erteilte Ausnahmen für einige andere Gewerbetreibende in dem Wohngebiet seien mit dem Fall nicht vergleichbar.

Das Landratsamt Mühldorf am Inn hatte zuvor schon die beantragte Nutzungsänderung abgelehnt und Natalie Hot zudem unter Androhung eines Zwangsgeldes von 2.000 Euro untersagt, in dem Mietshaus eine gewerbliche Tätigkeit auszuüben. Dagegen war die 24-Jährige nun vor Gericht gezogen.

Die Beteuerungen Hots sowie ihres Ehemanns und Managers, aus vergangenem Fehlverhalten lernen zu wollen, überzeugten die Kammer nicht

Ihr Ehemann sagte, sie werde Einspruch einlegen, um Zeit zu gewinnen. Allerdings sei der Gang bis vors Bundesverwaltungsgericht voraussichtlich zu kostspielig. Stattdessen will das Paar wohl wegziehen – nach Mallorca. „Wenn der bayerische Staat uns nicht haben will, bekommt er auch unsere Steuern nicht“, sagte Christian Lehle. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • Erstaunlich, dieses Urteil. Allerdings nicht völlig unerwartet.

     

    Wäre Natalie Hot Kindergärtnerin, dürfte sie seit 2013 in und sogar vor ihrer Wohnung arbeiten. Seit einer entsprechenden Korrektur nämlich sieht das anzuwendende Gesetz, die deutsche Baunutzungsverordnung, in sogenannten Reinen Wohngebieten nicht mehr nur das Wohnen selbst als einzig zulässige Nutzung vor, sondern auch "Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebietes dienen".

     

    Da Natalie Hot keine (machmal ziemlich lauten) kleinen Kinder bespaßen möchte, die gegenüber oder um die Ecke wohnen, sondern Erwachsene, die irgendwo anders auf der Welt leben, kann sie die Liberalisierung des deutschen Rechtes für sich nicht nutzen. Es hilft ihr überhaupt nichts, dass sie vermutlich sehr viel leiser stöhnt, als 30 Kinder kreischen können.

     

    Wieder einmal wollten sich Menschen gestört fühlen dürfen. In diesem Fall haben die Lustfeinde gewonnen. Den Kita-Lärm mussten sie zuletzt als "natürlich Lebensäußerung von Kindern" tolerieren. Das Stöhnen im gewerblichen Rahmen bleibt jedoch verboten. Selbst dann noch, wenn es sich für Richter, beamte oder Nachbarn kaum unterscheiden dürfte von einem privaten, das sich im geschützten Privatbereich der Wohnung abspielt.

     

    Nun ja. Dass jemand an seinem Job so viel Spaß haben könnte, dass seine damit einhergehenden "Lebensäußerungen" als "natürlich" gelten können, vermögen sich Münchner Richter offenbar nicht vorzustellen. Aber vielleicht orientieren sie sich ja auch nur an der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. UN-Menschenrechtskonvention. Da heißt es in Artikel 25: "Mütter und Kinder haben Anspruch auf besondere Fürsorge und Unterstützung". Wer also weder Kind ist noch Mutter werden will, sollte lieber ganz, ganz leise lärmen, wenn er sich seines Lebens freut und nicht gleich aus der Wohnung fliegen will. Zumindest in Bayern. Auf Malle vielleicht nicht. Da lärmen auch Erwachsene. Die Bayern vorneweg.

  • Hunderte von Frauen und Männern sitzen nackt vor einer Web-Cam und alle schauen hin! Die Moralapostel besonders. Denn sie sagen, Sex ist schädlich, Dummheit aber noch mehr.

    Wem hat der Anblick einer Nackten schon jemals geschadet? Unsere Justiz und die Kirchen, humorlos und scheinheilig.

    • @Querdenker:

      Ihre Zusammenfassung trifft es recht gut. Ich frage mich, ob das Urteil in der nächsten Instanz auch noch bestand haben dürfte.

  • 3G
    36120 (Profil gelöscht)

    Da hat mal wieder irgendein Moralapostel einen Grund gefunden, den Spaß zu vermiesen. Ich glaube kaum, daß einer, der von zu Hause aus Online-Arbeit macht, sich darüber informiert hat, ob seine Wohnung auch für gewerbliche Zwecke zugelassen ist.

    • @36120 (Profil gelöscht):

      Die meisten Online-Arbeiten finden ja auch eher geräuschlos statt.

       

      Ich würde mal behaupten wenn jemand in der Wohnung eine kleine Schreinerei eingerichtet hätte, wäre die gleiche Klage erfolgt, Moralapostelei hin oder her.

      • @ShieTar:

        Zitat: „die Tätigkeit in nicht unerheblichem zeitlichen Umfang stattfindet und dem am Wohnort angemeldeten Gewerbe der Klägerin, also der dauerhaften und regelmäßigen Erwerbstätigkeit, dient“. Dies aber kollidiere mit dem Baurecht, das für das Gebiet nur eine Wohnnutzung vorsieht (Az: M 1 K 16.1301).

         

        Also, von laut keine Rede. Home-Office wäre damit auch verboten...

        • @Ariel:

          Verboten ja, aber es würde nicht geklagt werden. Und das Gericht hat ja wohl klargestellt das es gerade diese "Aussenwirkung" ist, die auch eine Ausnahmeregelung verhindert.

    • @36120 (Profil gelöscht):

      Moralapostel vs Schlsuberger?;))

       

      Wohl kaum. - online--Müllen -

      Hat halt keine die Wohngebiets-

      Struktur tangierende Außenwirkung!

      (Baurecht - brrr - wußte schonn -

      "Not my favorite thing!";))

      Anyway.

      • 3G
        36120 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Kommentar entfernt. Bitte beleidigen Sie keine anderen KommunardInnen.