Klage gegen Marine Le Pen: EU-Parlament hebt Immunität auf
Der konservative Bürgermeister von Nizza wirft der französischen Rechtsextremen Verleumdung vor. Sie hatte ihn als „Komplizen“ des Islamismus bezeichnnet.
Auf die Frage, ob Estrosi ein Komplize der Islamisten sei, hatte Le Pen geantwortet: „Wenn jemand dem islamistischen Fundamentalismus hilft, sich zu installieren, seine Meinungen zu verbreiten, Anhänger zu gewinnen, ja – dann ist er moralisch in gewisser Weise Komplize.“
Konkret ging es in dem Interview um eine sehr niedrige Miete für eine Moschee in Nizza. Davon profitierte die Union der islamischen Organisationen in Frankreich (UOIF), deren Auflösung die Front National seit langem fordert. Dem Dachverband wird eine große Nähe zu der politischen Vereinigung der Muslimbrüder im Nahen Osten vorgeworfen. Dennoch wurde er im vergangenen Dezember wieder in den Zentralverband der Muslime in Frankreich aufgenommen.
Ein anderer Antrag auf Aufhebung der Immunität Le Pens, die im Europaparlament Vorsitzende der rechtspopulistischen und europafeindlichen Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit ist, wird derzeit noch im zuständigen Rechtsausschuss geprüft. Dabei geht es um mutmaßliche Scheinbeschäftigungsverhältnisse mehrerer Assistenten der FN, die in Wirklichkeit für die Partei gearbeitet haben sollen.
Wie der Vater so die Tochter
Erst im März hatte die Vorsitzende der Front National (FN) wegen der Verbreitung menschenverachtender Gewaltbilder ihre Immunität verloren. Über einen weiteren Antrag, den Schutz vor Strafverfolgung aufzuheben, um in der Jobaffäre ermitteln zu können, ist noch nicht entschieden worden. Assistenten von FN-Abgeordneten sollen statt im EU-Parlament unerlaubt für die Partei in Frankreich gearbeitet haben.
An diesem Dienstag hatte das Parlament zudem abermals die Immunität des Gründers der FN, Jean-Marie Le Pen, aufgehoben. Dem 88 Jahre alten Vater der heutigen Parteichefin wirft die französische Justiz öffentliche Verleumdung mit rassistischem Charakter vor. Le Pen hatte im Jahr 2009 im Sender RTL gesagt, „90 Prozent der Meldungen über Delikte“ gingen auf Einwanderer oder auf Menschen mit Migrationshintergrund zurück.
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