Kita-Öffnungen in Berlin: Chronologie einer Notöffnung
Eine Kreuzberger Kita fühlt sich zunächst außerstande, mehr Kinder in den Corona-Notbetrieb aufzunehmen. Sie dürfte kein Einzelfall sein.
Konkret geht es darum: Obwohl bereits seit dem 14. Mai in Berlin alle Kinder im Vorschulalter (und seit Montag auch der Jahrgang darunter) nebst Geschwistern wieder Anspruch auf vier Stunden Betreuung am Tag haben, weigerte sich die Kita des Diakonischen Werks Berlin Stadtmitte zunächst, alle 49 Vorschulkinder wieder aufzunehmen. Man habe nur Platz für 30, wenn man auf das Personal schaue und die empfohlene Gruppengröße von 10 Kindern nicht überschreiten wolle, heißt es auch auf Anfrage.
Was sich in der Kita Fontanepromenade in Kreuzberg abspielt, dürfte gerade kein Einzelfall sein – auch wenn es dazu keine Zahlen gibt, weil die Senatsjugendverwaltung die Fälle, die an die Krisenhotline bei der Kita-Aufsicht herangetragen werden, weder sammelt noch systematisch auswertet.
Seit Mitte Mai steht der stufenweise Öffnungsplan für die Kitas nach Altersjahrgängen. Und die Kinder von Eltern in systemrelevanten Berufen, die ohnehin schon lange in der Notbetreuung sind, sollen weiterhin mit erhöhtem Stundenumfang betreut werden. Für die Kitas heißt das: Beinahe jede Woche kommt ein neuer Schwung Kinder, neue Gruppen müssen aufgemacht, Räume und ErzieherInnen gefunden werden, und das alles, ohne die Hygieneregeln zu verletzen.
Den Eltern eine Perspektive geben
Die Politik will und muss den Eltern eine Perspektive geben – wie diese konkret umgesetzt wird, ist den Kitas überlassen. Die wiederum fühlen sich in der Zwickmühle zwischen dem Anspruch der Senatsbeschlüsse und den Wirklichkeiten vor Ort – und machen im Zweifel dicht. Was wiederum die Eltern zur Verzweifelung treibt.
Die Kita-Aufsicht soll in Konfliktfällen vermitteln. Das hat sie im Fall Fontanepromenade laut Jugendverwaltung auch getan. Tatsächlich will die Kita nun die Gruppengrößen erhöhen.
Die Grünen-Fraktion hat jetzt einen Fragenkatalog an Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) geschickt. Sie hätte die Situation in den Kitas gerne systematischer erfasst. Auch eine Frage: inwiefern Kitas eigentlich „direkt und unbürokratisch durch den Senat unterstützt“ werden, „wenn sie aufgrund räumlicher oder personeller Engpässe die weiteren Öffnungsstufen nicht mehr umsetzen können“. Gute Frage.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen
Das hat Erpresserpotenzial
Friedenspreis für Anne Applebaum
Für den Frieden, aber nicht bedingungslos
BSW in Sachsen und Thüringen
Wagenknecht grätscht Landesverbänden rein
Rückkehr zur Atomkraft
Italien will erstes AKW seit 40 Jahren bauen
Klimaschädliche Dienstwagen
Andersrum umverteilen
Tech-Investor Peter Thiel
Der Auszug der Milliardäre aus der Verantwortung