: Kirch verzichtet auf Kredit
■ Medienzar will die 500 Millionen Mark der Bayrischen Landesanstalt für Aufbaufinanzierung nicht mehr haben
München (taz/AFP) – Leo Kirch verzichtet auf den Kredit der landeseigenen Bayerischen Landesanstalt für Aufbaufinanzierung (LfA). Sein Unternehmen begründete diesen Schritt am Freitag in München etwas beleidigt mit der „unsachlichen öffentlichen Diskussion“.
Von Kritikern war der CSU vorgeworfen worden, den ihr genehmen Medienzar mit günstigen Staatskrediten am Leben zu erhalten. Trotzig fügt Kirchs Sprecher hinzu: „Dr. Leo Kirch hat mit Ausnahme eines 4.600 Mark hohen Studiendarlehens niemals staatliche Beihilfen erhalten.“ Der Konzernchef hofft offenbar, den fehlenden Kredit woanders zu erhalten: „Die Pläne der Kirch-Gruppe für ihre weitere unternehmerische Entwicklung bleiben vom Verzicht unberührt.“
Die LfA, die dem Gemeinnutz verpflichtet ist, und die Kirch- Gruppe hatten Verhandlungen zwischen dem Medienunternehmen und einem Bankenkonsortium über einen Großkredit „zu den üblichen Konditionen und Sicherheiten“ bestätigt, der nach Zeitungsberichten über eine Milliarde Mark betragen sollte. Der LfA-Anteil wurde auf 500 Millionen Mark beziffert.
Die anderen Banken sind demnach die Bayerische Vereinsbank, die DG-Bank, die Bayerische Landesbank, die Commerzbank, die Dresdner Bank und die BHF- Bank. Angeblich hatten diese nur dann weitere Gelder bewilligen wollen, wenn sich auch die LfA am Kredit beteiligt. Mehrere der Kirch-Hausbanken waren bereits bis an den Rand ihrer „Großkreditgrenze“ geraten.
Kirch ist in erheblichen Schwierigkeiten. Sein Digital-TV DF1 verschlang große Investitionen und blieb bislang weit hinter den selbstgesteckten Erwartungen zurück. Lediglich 30.000 Abonnenten wollen bisher sein Pay-TV beziehen – mit 700.000 Zuschauern hatte Kirch kalkuliert. Zu seinem Pech scheiterte erst Anfang März ein Deal mit dem australischen Medienmogul Rupert Murdoch, der bei DF1 einsteigen sollte. Offenbar war das DF1-Risiko selbst dem als spekulationsfreudig bekannten Murdoch zu groß. Auf 700 Millionen Mark werden Kirchs Verluste aus dem Digitalabenteuer bis Ende 1997 geschätzt.
Der zuständige CSU-Wirtschaftsminister Otto Wiesheu, der auch dem Verwaltungsrat der LfA vorsitzt, hatte den Kredit zunächst verteidigt. Als dann die bayerische SPD und der Kirch-Konkurrent Bertelsmann die LfA-Beteiligung als staatliche Sanierungshilfe für den erzkonservativen Medienunternehmer Leo Kirch kritisierten, erklärte Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) den Kredit zur Chefsache und verschob die endgültige Entscheidung auf nach Ostern. Er muß sich nun nicht mehr den Kopf zerbrechen. urb
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen