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Kinotipp der WocheHochzeit und Todesfall

Filmkultur am Schwarzen Meer: Die Bulgarische Filmwoche zeigt neue Filmhighlights, deren Geschichten bis in die Zeit der Unabhängigkeit reichen.

„Paket Ewigkeit“ (R.: Magdelena Ilieva, BG/IT 2024) Foto: Bulgarisches Kulturinstitut Berlin

Nachdem Bestatter Bobby kurz vor dem Begräbnis seiner Mutter den Totengräber gefeuert hat, steht er spätabends schwitzend in der Grube und gräbt selbst. Als morgens eine Kundin an der Tür seines Bestattungsinstituts klingelt, schält er sich aus einem leeren Sarg, in dem er die Nacht verbracht hat. Subtilität kann man Magdelena Ilievas Komödie „Paket Ewigkeit“ nicht nachsagen. Doch die Handlung um den Bestattungsunternehmer, dessen Unternehmen kurz vor dem Ruin steht, in einer Kleinstadt, die ebenfalls alles andere als lebendig wirkt, wartet nicht lange mit ihrem Charme, sondern ertränkt einen von der ersten Minute darin.

Man merkt dem Film an, dass Ilieva, die in New York und Sofia Film studierte, als Produzentin einige Erfahrungen hat. Ihr Langfilmdebüt, entstanden als bulgarisch-italienische Koproduktion ist einer von sieben Spielfilmen, die das Bulgarische Kulturinstitut in Berlin und das Kino in der Brotfabrik ab Donnerstag in der zweiten Ausgabe der Bulgarischen Filmwoche präsentieren.

Eröffnet wird die Filmwoche am Donnerstag (24. 4.) mit Magdalena Ralchevas Liebesdrama „Die Hochzeit“ über eine unwahrscheinliche Liebesgeschichte zwischen der Tochter eines Großbauern und einem deutlich ärmeren jungen Mann in den Rhodopen, einem Gebirge an der Grenze zwischen Bulgarien und Griechenland, am Ende des 19. Jahrhunderts.

Auch Regie- und Drehbuchveteran Svetoslav Ovcharov greift in seinem neusten Film „Der Einsatz“ eine historische Episode vom Weg Bulgariens in die Unabhängigkeit aus dieser Zeit auf. Premierminister Stefan Stambolow befindet sich auf einer Reise mit einem ehemaligen Freund, der unterdessen zum Rivalen geworden ist. Sie machen auf einem Anwesen an der bulgarischen Grenze Halt und die beiden Männer beginnen sich zu umschleichen.

Bulgarische Filmwoche 2025, Kino in der Brotfabrik, 24. bis 30. April

Den Hintergrund zu Ovcharovs Film, der die Geschichte mit deutlichen visuellen Anleihen beim Genre des Western inszeniert, bildet Stambolows Politik, die die bulgarische Unabhängigkeit durch Kompromisse mit dem Osmanischen Reich zu erreichen sucht. Stambolows Gegenspieler im Film hingegen setzt auf eine Annäherung an Russland. „Der Einsatz“ hat im März das diesjährige Sofia Film Festival eröffnet.

Anders als bei Bulgariens Nachbar Rumänien ist aus der aktiven Filmkultur des Landes am Schwarzen Meer bislang noch keine wirkliche Welle hervorgegangen. Das heißt jedoch nicht, dass es an Höhepunkten mangelt: 2016 gewann die bulgarische Regisseurin Ralitza Petrova mit „Gottlos“ den Goldenen Leoparden in Locarno. Aktuell arbeitet die Filmemacherin an ihrem zweiten Langfilm. Die Filme der Filmwoche zeigen, welche Bandbreite der bulgarische Film der Gegenwart abdeckt. Sie lassen hoffen, dass bulgarische Filme in Zukunft öfter die Aufmerksamkeit bekommen, die sie schon lange verdienen.

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