Kinotipp der Woche: Vom anderen Planeten
Schillernde Auftritte, wechselnde Persönlichkeiten: Im Zeiss-Großplanetarium tanzt David Bowie als Untoter im Mondlicht und als Ziggy Stardust im All.

David Bowie geht immer in Berlin. Ende der Siebziger hat der Popstar ein paar Jahre in Berlin verbracht – angeblich, um ausgerechnet in der Stadt von Christiane F. von den Drogen herunter zu kommen – und seitdem gehört er mit zu Berlin wie der Fernsehturm und das Brandenburger Tor. Und weil Bowie immer geht an der Spree, wird es beispielsweise Mitte März am Berliner Ensemble mit „Heroes“ einen musikalisch-literarischen Abend zu und über ihn geben.
Ganz aktuell aber zeigt das Zeiss Großplanetarium im Prenzlauer Berg das „Chamäleon der Popmusik“ auf der großen Kinoleinwand. Einmal in Form der Dokumentation „Moonage Daydream“ (2022) und einmal im Rahmen der hauseigenen Reihe „Late Night Cult Movies“ mit dem Spiel- und Kultfilm „The Hunger“ (1983) von Tony Scott.
„The Hunger“ ist sicherlich nicht der beste Film, in dem Bowie mitgespielt hat. Aber die Rolle des dekadenten, anämischen Vampirs, die er hier an der Seite von Catherine Deneuve übernommen hat, passt immerhin genauso gut zu ihm wie die des Außerirdischen im wirklich guten „The Man Who Fell to Earth“. In diesem Film von 1976 wurde der Eindruck erweckt, dass der mysteriöse Bowie auch in echt von einem anderen Stern kommen muss.
Und als Untoter in „The Hunger“ wird im wörtlichen Sinne der Eindruck bestätigt, dass er kein Normalsterblicher ist. Allerdings wirkt im Vergleich zu ihm ein anderer Popstar, der in dem Film zu sehen ist, noch ein wenig vampiriger als Bowie selbst. Nämlich Peter Murphy von der Gothic-Band Bauhaus, die gleich zu Beginn des Films ihr eiskaltes „Bela Lugosi's Dead“ intoniert und der damit eigentlich auch schon die aufregendste Szene des ganzen Films gehört.
David Bowie: Zeiss-Großplanetarium. Late Night Cult Movies: „The Hunger“, 31. 1. + 1. 2., 22.30 Uhr, Englisch; Dokumentation „Moonage Daydream“, 13. 2., 19.30 Uhr, OmU (Englisch teilweise mit deutschen Untertiteln), Prenzlauer Allee 80
„The Hunger“ kam im selben Jahr in die Kinos wie Bowies Platte „Let's Dance“. In der Zeit, in der er sich auf der Leinwand in einen Vampir verwandelte, war er musikalisch auf dem Soul-Trip. Im Kino wirkte er also ziemlich blutleer, während er als Popstar gerade seine erfolgreichste Zeit mit eher lebensbejahender Musik hatte. Bekanntlich macht das ja den Mythos Bowie aus, dass er immer wieder seine Gestalt zu wechseln vermochte, dabei aber auch Widersprüche in sich vereinigte.
Er nahm Identitäten wie Ziggy Stardust oder den Thin White Duke an und erfand sich immer wieder neu. Aber war er nun queer oder doch hetero, weil er später mit einer Frau verheiratet war? Und wo gerade wieder so viel von Hitler und dem Hitlergruß die Rede ist: Bowie fand diesen Herrn Hitler auch mal ganz gut, wie Aussagen von ihm Mitte der Siebziger zu entnehmen ist. Sogar den Hitlergruß soll er einmal gezeigt haben. Bowie entschuldigte sich später für seine Nazi-Schwärmereien. Und bestätigt damit den Eindruck: Egal in welcher Phase seines Lebens er sich auch immer befand, etwas rätselhaft blieb er immer.
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An diesem Eindruck möchte auch die Dokumentation „Moonage Daydream“ nichts ändern. Der Mythos soll hier nicht entzaubert, sondern im Gegenteil ruhig noch größer werden. Wie Bowie in seinen unterschiedlichen Phasen aussah und klang, davon erfährt man viel in dem Film von Brett Morgen. Dabei geht er nicht chronologisch vor, sondern collagenartig. Eben war man noch beim Ziggy-Bowie mit seiner fransigen Vokuhila-Frisur, dann ist man beim Gentleman-Bowie der Achtziger und im nächsten Moment geht es schon wieder zurück in die Siebziger. Das Biopic wird so zu einem Trip und das Gefühl verstärkt: So richtig zu fassen kriegt man Bowie einfach nicht.
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