Kinostart „Renegades – Mission of Honor“: Die Vorzüge des Männerkinos
Der Actionfilm „Renegades“ von Steven Quale folgt einer Mission von Navy-Seals in Exjugoslawien. Subtilität sollte nicht erwartet werden.
Dass es gegenwärtig zu viel Superhelden-Filme gibt, darüber herrscht weitgehend Einigkeit, erstaunlicherweise sogar unter den Fans des Genres selbst. Denn so unterhaltsam man sie finden kann, den Ameisen- und Spinnen-, den Super- und Fledermaus-Mann (um hier betont locker Kenntnis beider konkurrierender Universen zu markieren) – das jeweilige Spektakel tendiert doch stark zur Wiederholung.
Dabei fällt es immer schwerer zu benennen, was eigentlich verdrängt wird. Die klassische Liebeskomödie beziehungsweise RomCom gehört zu den Opfern. Aber genauso jene Art von Jungs- und Männerkino, das unironische, geradlinige Action bietet und zu dem man nicht zuletzt deshalb am liebsten „Streifen“ sagen möchte, obwohl das dem Cineasten verboten ist.
Gemeint sind Filme mit „Stunts“ statt CGI-Schnickschnack und mit Männern, die auch ohne Superkraft wissen, was zu tun ist. Filme wie Steven Quales „Renegades – Mission of Honor“ eben, auf dessen Plakat entschlossen blickende Kerle schwere Geschütze gen Zuschauer halten und der damit schon signalisiert, dass man keine Popkultur studiert haben muss und dass kein Extra-Nerd-Wissen erforderlich ist, um die Handlung zu begreifen. Und aus dessen vermeintlichem „Star-Ensemble“ einzig das Gesicht von J. K. Simmons herausragt.
Andererseits muss man einen Film wie „Renegades“ erst gucken, um zu erkennen, dass man das Genre irgendwie vermissen könnte. Der Name des Regisseurs Steven Quale ist noch keine Marke, lautet der prominenteste Titel seiner Filmografie bislang „Final Destination 5“. Aber Luc Besson als Produzent und Koautor steigert die Erwartungen schon ein wenig. Zwar scheiterte sein letztjähriger Versuch, mit „Valerian – Die Stadt der tausend Planeten“ ein „Space Adventure“-Franchise zu starten, aber mit der Liam-Neeson-Action-Reihe „Taken“ und den Jason-Statham-„Transporter“-Filmen hält Luc Besson (neben seinen vielen anderen Projekten) bereits länger schon die Stellung im Men-with-Guns-Genre.
Berüchtigtes Nazi-Gold
Der zweite Koautor des Drehbuchs zu „Renegades“, Richard Wenk, ist gar ein Spezialist besagten Männerkinos: auf seiner Liste stehen Titel wie „Expendables 2“, „The Mechanic“, „The Equalizer“ und „Jack Reacher“. Um ein wenig zu sehr über einen Kamm zu scheren: Im Gegensatz zu den Superhelden und anderen von „Intellectual Properties“ gespeisten Blockbustern besteht hier das Zielpublikum nicht aus vordressierten Fans, die reflexhaft Tickets kaufen, sondern aus Filmliebhabern, die einem bestimmten Kinogefühl nachhängen.
Jenem John-Wayne-Westerngefühl, in dem Männer nicht komplexer erscheinen müssen als ihre Einzeiler und trotzdem Helden sind: „Ich wusste nicht, dass du einen Panzer fahren kannst!“ – „Es ist mein erstes Mal!“ Natürlich verwendet auch „Renegades“ Versatzstücke aus der großen Erzählfabrik. Hier ist es einmal mehr das berüchtigte Nazi-Gold, das barrenweise in der Vor-Titel-Szene in ein kleines jugoslawisches Städtchen verschleppt wird.
„Renegades – Mission of Honor“. Regie: Steven Quale. Mit J. K. Simmons, Sullivan Stapleton u. a., Frankreich, Deutschland 2017, 106 Min.
Während proper gekleidete Nazis noch bellende Befehle geben, sammeln sich im erhöhten Waldstück in der Nähe bärtige Partisanen um eine Zündmaschine. Bald wird das Wasser eines gesprengten Staudamms Nazis und Gold gleichermaßen beerdigen…
Nach der Titelsequenz verlagert sich die Handlung ins Sarajevo des Jahres 1995. Ein Trupp von Navy-Seals erledigt seinen Auftrag, einen offenbar Karadžić ähnlichen General zu „extrahieren“, mit jener markigen, flotten Coolness, die auch den politisch Korrekten mitreißt. Obwohl sie klar Kriegshandlungen begehen und jede Mengen Serben in Uniform dahinmetzeln, hagelt es am Ende der Mission nur Ermahnungen.
Bechdel-Test? Nie gehört
Die fallen zwar, vorgetragen von J. K. Simmons, ausgesucht grob und heftig aus, aber am Ende seiner Strafpredigt überlässt er ihnen mehrere Flaschen feinsten Whiskeys. Eine Geste, die man mangels Subtilität gerade nicht als „Augenzwinkern“ beschreiben kann.
Denn das wäre ein großes Missverständnis, in einem Film wie „Renegades“ auf Subtilität zu warten. Um es mit der Brechstange des Adorno-Verweises auszudrücken: Wie der He-Man bei Wein- und Zigarrengenuss muss man als Zuschauer hier schon diverse Empfindlichkeiten unterdrücken, um auf die kräftigen Reize dieses Films anzusprechen. Man sollte nicht über Geschichtsklitterungen ins Zucken geraten, am besten noch nie vom Bechdel-Test gehört haben und den hanebüchenen Plan zur Hebung des Goldschatzes einzig an dem starren Blick messen, den er bei dem von Clemens Schick verkörperten Bösewicht auslöst.
Dann allerdings lässt sich hier einiges an Unterhaltung finden, in der Geradlinigkeit des Plots zum Beispiel und der Tatsache, dass keine Bedeutsamkeit über die eigene Laufzeit hinaus behauptet wird. Auch dass die Figuren so angelegt sind, dass man nicht unbedingt weiter Zeit mit ihnen verbringen muss, wirkt entspannend. Ohne Spoilerwarnung kann man verraten, dass hier mal kein „cinematic universe“ entsteht. Allenfalls wird es ein Sequel geben, dann mit dem Schatz der Inkas oder so.
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