Kinostart „Pacific Rim“: Krach im Stillen Ozean
Riesendrachen bekämpfen Riesenroboter in Guillermo Del Toros Film – mit allen Kräften des modernen Special-Effects-Kinos. Und mit überbordender Liebe zum Detail.
Als beim Showdown mit den außerirdischen Invasoren das Hauptquartier des Widerstands zusammenbricht, ruhen die letzte Hoffnungen der Menschheit auf einem analog gesteuerten Kampfroboter mit stilvoll abgeblätterter Vintage-Patina. Es liegt eine schöne Ironie darin, dass eines der teuersten Science-Fiction-Spektakel dieser Kinosaison ein Loblied auf die Macht des Analogen singt.
Doch Regisseur Guillermo del Toro (“Hellboy“, „Pans Lybyrinth“) ist auch nicht unbedingt die nächstliegende Wahl für sommerliche Materialschlachten à la „Battleship“ oder „Transformers“. Del Toro zählt zu derselben Spezies von Kinoverrückten wie Peter Jackson und Sam Raimi, für die szenische Akribie nicht gleichbedeutend mit technischen Leistungsschauen ist.
Ihre Filme führen auf verschlungenen Pfaden auch zu prägenden Kindheitserinnerungen zurück, die ihren zu High-Tech-Boliden hochgerüsteten Jungsfantasien eine gebrauchte, lebensnahe Textur verleihen. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an „Pacific Rim“, Del Toros Hommage an japanische Monsterfilme und das Mecha-Genre. In einem an Eskalations- und Zerstörungslust wahrlich nicht armen Kinosommer (von „Star Trek Into Darkness“ über „Man of Steel“ und „World War Z“ bis „White House Down“) ist „Pacifim Rim“ also um Distinktion bemüht.
Ein Riss in den Dimensionen
Die außerirdische Bedrohung manifestiert sich in „Pacific Rim“ unterirdisch. Monströse Riesendrachen, Kaijus, landen durch einen Riss in den Dimensionen auf dem Grund des Pazifiks und schlagen mit den gebündelten Kräften des modernen Special-Effects-Kinos eine Schneise der Verwüstung durch die Metropolen in den Küstenregionen.
Um sich gegen den neuen, übermächtigen Gegner zu wappnen, baut die Weltgemeinschaft eine Armee von gigantischen Kampfrobotern, genannt „Jaeger“, die von zwei Piloten bedient werden. Um diese Ungetüme steuern zu können, müssen die Gehirne der Piloten durch eine Neuronenbrücke verschaltet werden.
Verschaltete Gehirne
Schon in diesem Einfall zeigt sich, dass das Kino Del Toros vom Menschen her gedacht ist. In der folgenden Abwehrschlacht – Riesendrachen gegen Riesenroboter – verwandelt sich der Stille Ozean vor den Augen der Weltbevölkerung in eine Gladiatorenarena. Nach einem jahrelangen Verschleißkrieg, der Milliarden von Menschenleben kostet, gewinnen die Kaijus schließlich die Oberhand. Das „Jaeger“-Programm wird eingestellt, stattdessen soll ein Schutzwall entlang der Pazifikküste errichtet werden. Eine Gruppe Widerstandskämpfer hält mit den verbliebenen „Jaegers“ die Stellung für die letzte Schlacht.
Auch wenn Del Toro „Pacific Rim“ in Interviews einen Kindheitstraum nennt, steht sein Film Camerons „Avatar“ näher als den pubertären Allmachtsfantasien eines Michael Bay. „Pacific Rim“ unterscheidet sich vor allem durch seine überbordende Liebe zum Detail von der Masse der Action-Blockbuster.
Schlupflöcher für das Unfertige
Del Toros Fantastik beruht weniger auf formaler Geschlossenheit, sondern behält sich immer wieder Brüche und Schlupflöcher vor, die die Unfertigkeit seiner perfektionistischen Schlachtensimulation betont. Bei der Farbgebung oder den Größenverhältnissen etwa spielt Kontinuität nur eine untergeordnete Rolle, so dass ein „Jaeger“ einen Hochseekreuzer auch mal wie eine Keule schwingen kann.
Bei aller Zerstörungslust sieht „Pacific Rim“ am Ende aber doch ein wenig so aus, als hätte Del Toro Inspiration von mexikanischen Wrestler-B-Filmen bezogen. Einen Kampfnamen wie „Gipsy Danger“ für einen ausgedienten Kriegshelden hat es im US-amerikanischen Kino jedenfalls noch nicht gegeben.
„Pacific Rim“, Regie: Guillermo del Toro, mit Charlie Hunnam, Idris Elba u. a., USA 2013, 131 Min.
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