Kinoempfehlungen für Berlin: Unterdrückung und ihre Umstände

Ursula Meiers Drama „Die Linie“ untersucht einen Fall von häuslicher Gewalt. Auch in dem Klassiker „The Mark of Zorro“ geht es um Unterdrückung.

Ein Mensch in einer Winterlandschaft mit hohen Bergen

„Die Linie“ (2022), Regie: Ursula Meier Foto: Piffl Medien

Meist assoziiert man Gewalt im häuslichen Umfeld ja mit Männern, die ihre Frauen und Kinder schlagen. Doch das kann natürlich auch ganz anders sein: In Ursula Meiers Drama „Die Linie“ ist es Margaret (Stéphanie Blanchoud), die erwachsene Tochter der Pianistin Christina (Valeria Bruni Tedeschi), die auf ebendiese gewaltsam losgegangen ist.

Und das nicht zum ersten Mal und auch gleich mit solcher Vehemenz, dass Christina auf einem Ohr einen erheblichen Gehörverlust erlitten hat. Daraufhin wird gerichtlich angeordnet, dass Margaret sich für das kommende Vierteljahr dem Heim der Familie höchstens auf 100 Meter nähern darf. Und weil es ihr enorm schwerfällt, das auch zu beherzigen, zieht ihre kleine Schwester Marion irgendwann eine Farblinie im entsprechenden Radius um das Haus.

Das Drama um die psychosozialen Verbindungen innerhalb dieser Familie entfaltet große emotionale Wucht: Im Mittelpunkt steht die Beziehung der Rockmusikerin Margaret zu ihrer religiösen Schwester Marion, aber natürlich wird auch die Frage nicht außer Acht gelassen, wie Margaret werden konnte, wie sie ist: die totale Selbstsucht ihrer Mutter grenzt beinahe schon an eine tragikomische Karikatur.

„Die Linie“ ist ab 18. Mai regulär im Kino zu sehen, doch am kommenden Dienstag gibt es im Rahmen einer Kinotournee schon einmal eine Vorpremiere im Cinema Paris, zu der die Schweizer Regisseurin Ursula Meier und die Hauptdarstellerin (und Drehbuchautorin) Stéphanie Blanchoud anwesend sind (16. 5, 20.15 Uhr, Cinema Paris).

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Jede Form der Unterdrückung gebiert immer auch Umstände, mit denen sie sich am Ende selbst abschafft. Das behauptet jedenfalls sinngemäß einer der ersten Zwischentitel des Mantel-und-Degen-Klassikers „The Mark of Zorro“ (1920), den das Filmmuseum Potsdam im Rahmen seiner losen Reihe „Internationale Stummfilmtage Bonn zu Gast“ im Mai ins Programm genommen hat.

„Zorro“ spielt in den Tagen der spanischen Kolonialherrschaft in Kalifornien (sie endete 1821) und hat mit einem fiesen Gouverneur und seinen militärischen Handlangern so einige Schurken zu bieten, die von rechtschaffenen Bürgern bis zu den indigenen Ureinwohnern alle möglichen Leute drangsalieren.

Auftritt Zorro in Gestalt von Douglas Fairbanks, dem artistischen Draufgänger der Stummfilmära, dessen erstaunliche Fitness (im Gegensatz zu den herumstolpernden Gegnern) der Film natürlich ganz besonders betont. „The Mark of Zorro“ läuft in einer neuen 4K-Restaurierung; Live-Musik gibt es vom Freiburger Musiker Günter Buchwald (13. 5., 19.30 Uhr, Filmmuseum Potsdam).

Am 12. Mai jährt sich der Todestag des 2011 verstorbenen Journalisten Michael Althen, der eine wichtige Rolle in der deutschen Filmkritik der 1980er und 90er-Jahre spielte.

Aus diesem Anlass zeigt das Klick Kino das essayistisch-dokumentarische Stadtporträt „München – Geheimnisse einer Stadt“, das Althen gemeinsam mit dem Filmemacher Dominik Graf drehte. Graf ist bei diesem „Abend für Michael Althen“ zu Gast und spricht im Anschluss an die Vorführung mit dem Filmkritiker Peter Körte (12. 5, 19.30 Uhr, Klick Kino).

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Lars Penning, geboren 1962. Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin. Freier Filmjournalist. Buchveröffentlichungen: Cameron Diaz (2001) und Julia Roberts (2003). Zahlreiche filmhistorische und –analytische Beiträge für verschiedene Publikationen. Lebt in Berlin.

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