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Kinoempfehlungen für BerlinZwischen Doku und Fiktion

Dorothee Wenner betrachtet die Klischees, die Europa über Afrika pflegt, Jens Meurer gibt humorvoll Einblick in den britischen Streit um den Brexit.

„DramaConsult“ (2013) Regie: Dorothee Wenner Foto: Dorothee Wenner

A ls Autorin, Kuratorin und Filmemacherin war und ist Dorothee Wenner seit vielen Jahren in Berlin präsent: im Auswahlkomitee des Internationalen Forums des Jungen Films, als Beauftragte für die Regionen Subsahara-Afrika und Indien bei der Berlinale, mit den von ihr gestalteten Filmprogrammen im Kino Arsenal.

Wenners Liebe gilt Afrika, und als Filmemacherin interessiert sie sich besonders für die Grenzbereiche zwischen dokumentarischen und fiktionalen Erzählformen. Das kommt etwa in ihrem 2012 entstandenen dokumentarischen Film „DramaConsult“ zum Tragen, der drei Geschäftsmänner – einen Autoteilehändler, einen Immobilienentwickler und einen Schuhproduzenten – auf einer Reise nach Deutschland begleitet, wo sie mögliche Investoren und Geschäftspartner zu Gesprächen treffen.

Da werden dann sehr schnell die unterschiedlichen Mentalitäten sowie die verschiedenen Weisen deutlich, Geschäfte anzugehen. Wobei insbesondere an dieser Stelle auch nicht alles „klassisch“ dokumentarisch ist: Die Reise der Afrikaner nach Deutschland ist durch Wenner und ihren Film initiiert, und die Firma DramaConsult, die mit ihren Beraterinnen helfen soll, die drei Nigerianer auf ihre deutschen Gesprächspartner vorzubereiten, ist Fiktion.

Es geht also auch um Klischees, die man voneinander hat – und die Überwindung von althergebrachten Vorstellungen und Bildern im Kopf. Das Kino Acud zeigt „DramaConsult“ am 9. Februar um 21 Uhr bei der Veranstaltung „Ein Abend für und mit … Dorothee Wenner“. Um 19 Uhr laufen bereits kurze Arbeiten der Filmemacherin, die bei beiden Vorstellungen zu Gesprächen anwesend sein wird (9. 2., 19 Uhr (kurze Arbeiten), 21 Uhr (DramaConsult), Kino Acud).

Filmisch weniger herausfordernd, aber nichtsdestotrotz im Rahmen des klassischen Familienkinos sehr sympathisch kommt der australische Spielfilm „Blueback“ von Robert Connolly daher, der sich ohne größere Sentimentalitäten eines sehr speziellen australischen Umweltproblems annimmt: dem Absterben der Korallenriffe und der Zerstörung von Küstengegenden durch Überfischung und Bauprojekte.

Der internationale Star Mia Wasikowska verkörpert die erwachsene Meeresbiologin Abby, die sich in dieser Verfilmung eines Buchs von Tim Winton an ihre Kindheit und Jugend zurückerinnert, in der sich ihre Mutter einst als rigoroses Beispiel in Sachen Umweltschutz erwies und sie selbst in einem Riff vor der Küste eine „Freundschaft“ mit einem standorttreuen Riesenlippfisch schloss, der bis zu 70 Jahre alt werden kann.

Dass der Film weder ins Predigen verfällt noch die Gegenspieler der beiden Aktivistinnen als teuflische Bösewichte zeichnet, macht die Öko-Botschaft von „Blueback“ eher effektiver (10. 2., 16 Uhr, Zeiss Großplanetarium, 12. 2., 15.45 Uhr, Sputnik, 15. 2., 15.10 Uhr, B-ware! Ladenkino).

Erst kürzlich ins Kino gekommen, aber angesichts des Überangebots etwas untergegangen und fast schon wieder raus aus den Lichtspieltheatern ist Jens Meurers Dokumentarfilm „Seaside Special“, in dem der Berliner Dokumentarfilmer, der selbst eine Weile in England lebte (und gemeinsam mit den Brexit-Architekten Boris Johnson und Michael Gove studierte), in dem Küstenort Cromer die Protagonisten einer Varieté-Show auf der dortigen Seebrücke porträtiert.

Die Dreharbeiten fielen in die Zeit des Hickhacks um den Brexit, doch das ist eher der Hintergrund dieses Films, der in erster Linie die Mitwirkenden dieses typisch britischen Amüsements liebevoll durch die Vorbereitungen (und die Saison) ihrer Show begleitet und dabei einen tiefen Einblick in britische Mentalität gibt (12. 2., 13.30 Uhr, Filmkunst 66).

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