Kinoempfehlungen für Berlin: Alles vollkommen unverständlich
Das Zeughauskino zeigt die historische Selbstdarstellung deutscher Energiewirtschft. Der Filmrauschpalast macht eine Reise durch das japanische Kino.
E rinnert sich noch jemand an Industriefilme? Jene als Dokumentarfilme „getarnten“ Werbe- und Imagefilme, die man bis in die 1970er Jahre hinein bei vielen Kinovorstellungen noch gratis dazu bekam? Damals waren die „besten“ Zeiten dieser Art von Film allerdings schon vorbei, das funktionierte alles deutlich besser, als der Fortschrittsglaube noch einigermaßen ungebrochen und das Kino als Informationsträger deutlich wichtiger war.
Was uns nunmehr zum Programm „Wasserkraft und Naturschutz“ im Zeughauskino führt, das sechs Industriefilme aus der Zeit von 1926 („Kleine Ursachen – große Wirkung“) bis 1957 („Strom aus dem Schwarzwald“) versammelt und damit einen kleinen Abriss über die Selbstdarstellung der Energiewirtschaft in (West-)Deutschland gibt.
Dabei geht es vor allem darum aufzuzeigen, dass der Industrie auch damals bereits die Kritik von Umweltschützern zu schaffen machte, der man mit der Einbindung von Experten in die Gegenargumentation entsprechend zu begegnen hoffte (16. 12., 19 Uhr, 17. 12., 20 Uhr, Zeughauskino).
Das Jahresende naht, da sollte man sich an der Falschschreibung nicht stören und sich unbedingt Lupu Picks stummes Kammerspiel „Sylvester. Tragödie einer Nacht“ aus dem Jahr 1924 ansehen. Die Geschichte einer massiven Auseinandersetzung zwischen der Mutter und der Ehefrau eines Mannes, die titelgerecht in einer Tragödie endet, erschien den Zeitgenossen unter anderem deshalb bedeutend, weil der Film ohne Zwischentitel auskam und die Filmemacher mit einer für die Zeit erstaunlich beweglichen Kamera operiert hatten.
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Und es wurde auch noch ein Aspekt hervorgehoben, den wir heutzutage wohl eher übersehen würden: Kameramann Guido Seeber, der hier für die Außenaufnahmen zuständig war, wurde dafür gefeiert, dass er auf Helgoland Aufnahmen des Mondes machte, „wie er langsam am Himmel dahinzieht“.
Das zumindest vermerkte ein Dr. K.W. in der Süddeutschen Filmzeitung und schloss einen längeren Artikel darüber an, warum das mit der damaligen Filmtechnik gar nicht so einfach war und wie der Tüftler Seeber die Probleme gelöst hatte.
An dieser Stelle würde das alles ein wenig zu weit führen, aber schön, dass es mal jemand gewürdigt hat. Der Film wurde 2020 digital rekonstruiert und restauriert, die Filmrestauratorin Julia Wallmüller von der Deutschen Kinemathek hält eine Einführung (19. 12., 19 Uhr, Kino Arsenal).
Das sechste Programm einer „Reise durch das japanische Kino“ bietet der Filmrauschpalast, wo man nunmehr beim Regisseur Seijun Suzuki angekommen ist. Der war seit 1956 beim Nikkatsu-Studio beschäftigt, wo er ziemlich bizarre Filme drehte, in denen er die Mechanismen der Genres, die dort sonst standardmäßig bedient wurden, regelmäßig dekonstruierte.
Suzukis surreale Filme sind dabei von einem einzigartigen Stilwillen geprägt, in dem sowohl harsche Schwarzweiß-Kontraste als auch geradezu Pop-artig explodierende Farben Platz haben – wie etwa in der bizarren Gangsterballade „Tokyo Drifter“ (1966), wo die Bars schon aus Prinzip alle rosa sind.
Das Studio warf Suzuki schließlich hinaus, weil man seine Filme völlig unverständlich fand, doch sein Rausschmeißer „Branded to Kill“ (1967) ist ein weiterer Höhepunkt: Im schwarzweißen Breitwandformat erzählt Suzuki eine Geschichte um den Killer Nummer 3 des Syndikats, die nach dem Scheitern eines Auftrags immer weiter in Richtung eines absurd-halluzinatorischen Duells mit dem Nummer-1-Killer driftet (18. 12., 19 Uhr (Tokyo Drifter), 21 Uhr (Branded to Kill), Filmrauschpalast Moabit).
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