Kinoempfehlungen für Berlin: Rätselhaft und leicht neurotisch

„Cinema! Italia!“ zeigt Aktuelles und Klassiker aus Italien. Bittersüß und total amerikanisch: Frank Capras schönster Film „It’s a Wonderful Life“.

Eine Frau vor einer großen roten Stahlkonstruktion

„Die rote Wüste – Il deserto rosso“, (IT 1964) Regie: Michelangelo Antonioni Foto: Cinema! Italia!

Eigentlich stellt die Kinotournee „Cinema! Italia!“ aktuelles italienisches Filmschaffen vor, wie etwa „Il legionario“, der vom Konflikt eines Polizisten mit afrikanischen Wurzeln erzählt, als er mit seinen Kollegen einen Gebäudekomplex räumen soll, in dem Mitglieder seiner Familie als Hausbesetzer leben – und für den Regisseur Hleb Papou beim Filmfestival von Locarno den Preis als bester Nachwuchsregisseur gewann.

Ein großer Klassiker des intellektuellen italienischen Kinos steht aber auch auf dem Programm: „Il deserto rosso“ („Die rote Wüste“, 1964) von Michelangelo Antonio, in dem die farblich verfremdete Industrielandschaft Oberitaliens als Spiegel der seelischen Krankheit der Protagonistin Giuliana dient. Es geht Antonioni einmal mehr um die Sinnkrise der modernen Gesellschaft und die unwägbaren Unsicherheiten in einer Zeit der Veränderung.

Die perfekte Darstellerin dafür war seine damalige Lieblingsschauspielerin Monica Vitti: immer sehr rätselhaft und ein wenig neurotisch (Il legionario, 11. 12., 16 Uhr, 12. 12., 17.45 Uhr, 13. 12., 20 Uhr, Babylon Mitte, 13. 12., 20.30 Uhr, Bali Kino, 13. 12., 17.30 Uhr, Klick Kino; Il deserto rosso, 8. 12., 21.45 Uhr, 12. 12., 20 Uhr, Babylon Mitte, 11.12., 20 Uhr, Klick Kino, 11. 12., 17.15 Uhr, Lichtblick Kino, 12. 12., 20.30 Uhr, Bali Kino).

Die im Stile einer Fake-Dokumentation aufgezogene Geschichte von Leonard Zelig, dem „menschlichen Chamäleon“, der sich in seinem Verlangen überall dazuzugehören, perfekt an alle Umstände anpassen kann, entstand 1983 in Woody Allens bester und originellster Phase als Filmregisseur. Vom Papst bis zu Adolf Hitler – überall ist „Zelig“ dabei, tricktechnisch ganz wundervoll eingefügt in historisches Filmmaterial von Allens Kameramann Gordon Willis, der dafür einen Oscar gewann.

Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.

Das Thema des charakterlich schwachen Mannes ohne Persönlichkeit ist schon durchaus ernst, wird von Allen jedoch mit großem intellektuellem Witz vorgetragen, der damals noch wirklich zündete (12. 12., 22.15 Uhr, 14. 12., 22 Uhr, Babylon Mitte).

Wem gerade der Sinn nach einer europäischen Familien-Animationskomödie steht, der könnte bei „Meine Chaosfee & ich“ fündig werden: Da treffen sich Violetta, eine ebenso großspurige wie unkonzentrierte Fee und die zwölfjährige Maxie, die nach einem Umzug in die Stadt die Natur ihrer alten Heimat vermisst und sich ziemlich unverstanden fühlt, um gemeinsam ein Abenteuer um die Rettung eines uralten Baumes zu erleben und nach einem geheimnisvollen Portal zu suchen, das Violetta wieder in ihre eigene Welt gelangen lässt.

Mit charmanten Figuren, einem ziemlich gewitzten Plot und der soliden animationstechnischen Umsetzung durch das Team um die luxemburgische Animationsregisseurin Caroline Origer muss „Meine Chaosfee & ich“ dabei keinen Vergleich mit internationalen Standards im Bereich von Trickfilmen für das Familienpublikum scheuen (9. – 11. 12., 14.30, Cinestar Treptower Park).

Die perfekte sentimentale Komödie für die Vorweihnachtszeit heißt „It’s a Wonderful Life“ („Ist das Leben nicht schön?“, 1947) und erzählt vom deprimierten George Bailey (James Stewart), der sich ausgerechnet am Weihnachtsabend das Leben nehmen will.

Doch dann führt sein Schutzengel dem überraschten George vor, wie die Welt seiner kleinen Heimatstadt ohne ihn aussehen: total übel. George ist kuriert und ergibt sich dem Fazit: „Niemand ist ein Versager, der Freunde hat.“ Frank Capras Film gehört im Rahmen seiner sogenannten Fantasy-of-Goodwill-Werke zu den typischsten und besten des Regisseurs: bittersüß und sehr amerikanisch (9. 12., 18 Uhr, Babylon Mitte, 10. 12., 14 Uhr, Wolf Kino).

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Lars Penning, geboren 1962. Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin. Freier Filmjournalist. Buchveröffentlichungen: Cameron Diaz (2001) und Julia Roberts (2003). Zahlreiche filmhistorische und –analytische Beiträge für verschiedene Publikationen. Lebt in Berlin.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.