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Kindersport in den USAGriff nach den Kids

In den USA hat Donald Trump den Presidential Fitness Test an Schulen wieder eingeführt. Dabei war der mit guten Argumenten abgeschafft worden.

Noch macht Sport Spaß: Kinderwettkampf in Philadelphia, April 2025 Foto: Imago/NurPhoto

Spaß macht’s nicht, aber lesenswert ist die Order von Donald Trump schon. Es geht um die Wiedereinführung des Presidential Fitness Test an amerikanischen Schulen. Der US-Präsident, von dem bekannt ist, dass er vor allem Burger und Tacos isst und Gästen, auch wenn sie Spitzensportler und -sportlerinnen sind, nur Burger zum Essen servieren lässt, wenn sie im Weißen Haus sind, sieht eine „Bedrohung für die Vitalität und Langlebigkeit unseres Landes“ im Anzug. „Fettleibigkeit, chronische Krankheiten, Bewegungsmangel und schlechte Ernährung haben ein kritisches Niveau erreicht, insbesondere bei unseren Kindern.“ Trump beruft sich auf einen Bericht seines Gesundheitsministeriums vom Mai. Die politischen Folgen skizziert er in seinem Dekret so: „Diese Trends schwächen unsere Wirtschaft, unsere militärische Einsatzbereitschaft, unsere schulischen Leistungen und die nationale Moral.“

Was unter dem Label Gesundheitspolitik verkauft wird, hat also der Wirtschaft und dem Militär zu nutzen. Dass diese Schwerpunktsetzung jetzt sehr überraschend ist, kann man nicht gerade behaupten. Aber ein wenig überrascht die unverhüllte Indienstnahme des Sports schon.

Das liegt zum einen daran, dass ziemlich offensichtlich ist, dass dieser Test nicht dafür taugt, dass Menschen gesünder, fitter und sportlicher werden. Das wesentlich effektivere Presidential Youth Fitness Program – merke: Programm, nicht Test – wurde 2012 von Barack Obama eingeführt. Ihm lag der Gedanke zugrunde, dass Schüler und Schülerinnen durch ein freiwilliges Programm zu einem aktiven Lebensstil motiviert werden sollen.

Ich habe keine guten Erinnerungen an Klimmzüge

Kathy Hirsh-Pasek, Pädagogin

Was die Trump-Regierung konkret anordnet, geht auf Tests aus den 1950er-Jahren zurück, aus der Zeit des Kalten Kriegs, angeordnet von Präsident Dwight D. Eisenhower. Ausgebaut wurde es in den frühen 1960ern unter John F. Kennedy. Viele erinnerte der Test an eine Art Initiationsritus. Ein Ein-Meilenlauf gehörte dazu, Sit-ups, Liegestütze. Kinder, die zu den besten 15 Prozent gehörten, bekamen eine Auszeichnung. Die Konzeption des Tests sah zwar nicht vor, dass es um Wettkampf und Spitzenleistung geht, aber umgekehrt wirkte es oft: als Beschämung von Kindern, die die Vorgaben nicht erfüllten.

Die New York Times hat mit Kathy Hirsh-Pasek eine Expertin gefragt, die sich wissenschaftlich mit kindlicher Entwicklung beschäftigt. „Ich habe keine guten Erinnerungen an Klimmzüge“, sagt sie. „Andererseits müssen wir etwas machen.“

Mit Drill gegen Bewegungsmangel

Tatsächlich hat die Trump-Administration kein Problem erfunden, um das sie jetzt ein großes Tamtam veranstaltet, sondern sie widmet sich angesichts von Bewegungsarmut vieler Jugendlicher – Stichwort Social Media und, nicht ganz unwichtig: die Covid-Jahre – einem realen Problem. Nur macht sie das eben auf die übliche Art autoritärer Regierungen: Sie verordnet.

Die Abschaffung durch Obama erfolgte, weil der Schwerpunkt auf langfristiges Wohlbefinden gelegt wurde. Damals hieß es vom Gesundheitsministerium: „Das neue Programm hat sich von der Anerkennung sportlicher Leistungen wegbewegt und bietet nun eine Bewertungsmöglichkeit für die Gesundheit der Schüler.“

Mit dem Gedanken der Pflicht zur Körperertüchtigung hatte das nichts zu tun. Das aber wird jetzt von der Trump-Regierung durchgedrückt.

Kritiker erklären, dass die Wiedereinführung des alten Tests auf Kinder abschreckend wirken kann. Öffent­liche Bewertungen von Leistungen rufen Ängste hervor. Das Problem von Bodyshaming wird wachsen. Und etliche Pädagogen warnen auch davor, dass plötzlich im Namen der Gesundheitsförderung ein Umfeld geschaffen wird, das mit Strafen und Demütigungen operiert.

Zu dieser Kritik sagte Trump: „Das ist eine wunderbare Tradition, und wir führen sie wieder ein.“ Sein Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. erklärte, er habe in seiner eigenen Jugend die Auszeichnung für die besten Sportler mit „enormem Stolz“ entgegengenommen.

Neben dem Fitness Test soll das Beratungsgremium President’s Council on Sports, Fitness, and Nutrition unter dem Vorsitz des Profigolfers Bryson DeChambeau Programme entwickeln, um Spitzenleistungen im Schulunterricht zu ermöglichen. Kritiker sehen das als Bestandteil dessen, was US-Vizepräsident J. D. Vance „Kultur der Stärke“ nennt, nur eben jetzt in die Schulturnhalle verlegt.

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14 Kommentare

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  • Es passt für die werdende US-Diktatur so ins Bild wie die als Kriegsvorbereitung geborenen Zwangswettbewerbe im gerade erst gegründeten Deutschen Reich ("Sedanfeiern"), die seit 1951 als "Bundesjugendspiele" fortbestehen.

    Wenn die von der ersten bis zur zehnten Klasse verpflichtend sind, wie kann es sein, daß ich GOTT SEI DANK nur einmal daran teilgenommen habe? Egal, den Tag werde ich aber nicht vergessen, ohne jede Vorbereitung im Schulunterricht Weitsprung, sprinten, Ball werfen. Ich konnte nichts davon auch nur leidlich (heute hätte man mir eine Dyspraxie attestiert), ein Tag der Peinlichkeit für den Jungen, für den der Schulsport schon Leidensweg genug war.

    Im Nachhinein sehe ich überhaupt nicht, warum man daraus einen verpflichtenden "Wettbewerb" macht. Schulsport ist super wichtig, aber warum ein PFLICHT-WETT-KAMPF? Das gibt es doch auch nicht für Mathematik oder Deutsch oder Naturwissenschaften. Dort gibt es auch Wettbewerbe, aber die sind alle freiwillig für diejenigen, die dafür begabt sind oder zu sein glauben (reality check). Wer es nicht so gut kann, verzichtet gerne auf die Erniedrigung und gibt im Schulunterricht sein Bestes.

    • @Deutschfranzose:

      Es ist immer schade wenn Menschen glauben, durch Ihre Einzelschicksale, ganze Gruppen mit in "Haftung" nehmen zu müssen.



      Auch ich habe es nicht gemocht wurde meist letzter und der Spott war nicht gerade toll.



      Aber viele, die meisten meiner Klassenkameraden und Klassenkameradinnen, hatten Spaß an dem für Sie "freien" Tag ohne lernen, sondern draußen an der frischen Luft.

      Also warum etwas abschaffen was vielleicht uns beiden nicht gefällt, aber vielen anderen doch viel Spaß macht?

      "Wer es nicht so gut kann, verzichtet gerne auf die Erniedrigung und gibt im Schulunterricht sein Bestes."



      Wie stehen Sie übrigens zu Erniedrigung von Schülern die vorne an der Tafel vor der ganzen Klasse erniedrigt wurden und werden weil diese eben in anderen Fächern versagen?

  • "Was unter dem Label Gesundheitspolitik verkauft wird, hat also der Wirtschaft und dem Militär zu nutzen."



    Nur weil Trump und sein Gefolge hier ihrer Agenda folgend auf Militär und Wirtschaft framen, heißt das nicht, dass mehr Sport einzig der Wirtschaft und dem Militär hilft.



    Zuallererst hilft mehr Sport nämlich jedem einzelnen Menschen. Körperliche und seelische Gesundheit gehen mit Bewegung und Sport Hand in Hand, das ist unzweifelhaft durch zahllose Studien bewiesen. Auch vielen chronischen Krankheiten kann man mit Bewegung und Sport vorbeugen, von Diabetes bis Depressionen.



    Sport entlastet massiv die Gesundheitskosten im Heute und erst recht im Morgen.



    In unseren westlichen Gesellschaften ist ein gesundes Maß an Bodyshaming völlig abhanden gekommen. Das heißt nicht, dass wir zurück zum Heroin-Chic oder zur doppel-Null als Hosengröße sollen, aber es ist definitiv kein gesellschaftlicher Fortschritt, wenn jegliche Fettleibigkeit unter dem Deckmantel der body positivity verklärt wird.



    Wie bei allem im Leben sollte man hier gesunden Menschenverstand vor politischer Ideologie stellen. Insofern ist Trumps Verordnung für mich das richtige Mittel, wenn auch aus falschem Beweggrund.

    • @Saskia Brehn:

      Es hilft jedoch keineswegs den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben. Kinder leiden erheblich darunter, wenn sie nicht mithalten können. Es gibt andere Möglichkeiten - ohne psychische Probleme für die Kids die der Zwang auslöst.

      • @Perkele:

        Da bin ich voll bei Ihnen. In Asien ist es völlig normal, dass sich abends Menschen von jung bis alt auf zentralen Plätzen treffen und dann wird zu Thai-Pop eine Stunde lang begeistert Aerobic gemacht.



        Solch eine Positivierung von Bewegung muss hier auch wieder vermittelt werden.

      • @Perkele:

        Ist das denn wirklich so?



        Ich bin bei Bundesjugendspielen nie über die sogenannte Trost-, ähm, Teilnehmerurkunde hinausgekommen und ich kenne etliche, denen es ähnlich ging. Niemand hat da ein Trauma davongetragen.



        Manche sind in Sport gut, andere in Naturwissenschaften, andere in Sprachen.

      • @Perkele:

        Es gibt andere Möglichkeiten - ohne psychische Probleme für die Kids die der Zwang auslöst.

        Bitte und das ist kein negieren, anzweifeln Ihres Kommentares, was sind das für Möglichkeiten? Und sind diese auch in großer Zahl umsetzbar?

  • Bundesjugendspiele auf us-amerkanisch mit den gleichen hohlen Argumenten wie bei uns. Da kommt man wieder zu dem Einstein zugeschriebenen Spruch bezüglich der Grenzen von Universum und Dummheit.

  • Ganz offensichtlich hat das Programm von Obama, das auf Frewilligkeit setzt, ja nicht funktioniert, wenn die Daten des Gesundheitsministeriums zeigen, dass Übergewicht und Bewegungsmangel immer höhere Werte erreichen. Trumps Ernährungsgewohnheiten tun da übrigens auch nichts zur Sache und änderen auch nichts daran, das Bewegungsmangel und Übergewicht bei Kindern nicht gut ist. Bewertet werden Kinder, so wie alle Menschen, übrigens überall, so zb in der Schule durch Noten, aber wenn es um die Bewertung sportlicher Leistungen geht, macht man daraus ein Drama, wie bei den Bundesjugendspielen

    • @Christian Deinhart:

      Übergewicht ist eben eine Frage der Ernährung und nicht der Bewegung. Durch Sporttreiben hat noch niemand abgenommen, durch Fasten schon.

      • @Deutschfranzose:

        Komisch, ich schon.



        Warum habe ich als einstiger Bewegungsmuffel bei gleichem Ernährungsverhalten und fast täglichem Fitnesscenterbesuch ordentlich und gesund abgenommen?



        Bin ich jetzt ein physisches Wunder wenn das noch niemand geschafft hat?

      • @Deutschfranzose:

        Die Kombination machts.



        Außerdem geht es um den Energiehaushalt. Wenn Sie mehr Sport machen, können Sie auch mehr essen ohne zuzunehmen.



        Darin liegt meist das Problem.



        Viel, dass falsche essen und kein Sport.



        Und was glauben Sie ist einfacher, Kinder zum Sport zu animieren oder zum fasten?



        Auch wenn Sie den Kindern z.B. Süßigkeiten, Fastfood verbieten, finden die immer eine Möglichkeit dran zu kommen.

  • Vielleicht sollte er den Kindern dann gesundes Schulessen zukommen lassen - also auch denen, die sich das nicht leisten können - das könnte langfristig mehr helfen als ein dämlicher Test, den Trump selbst nicht bestehen würde?

    • @ANonnyMouse:

      In der Vergangenheit gab es mal Fernsehberichte über das Schulessen dort, auf der einen Seite Müll von McD auf der anderen Seite frisch gekochtes aus staatlichen Vorräten, die günstig abgegeben werden. Alles zum gleichen Preis, das eine mit Gleichgültigkeit, das andere mit Engagement.