Kieler Machtfragen: Vier Kreuze für eine Wahl

Am heutigen Mittwoch beginnen die Verhandlungen über ein neues Wahlrecht in Schleswig-Holstein. Noch liegen die Vorschläge der Parteien ziemlich weit auseinander.

Wählen mit zwei Kreuzen: So sah eine Wahl bisher in Schleswig-Holstein aus. Das könnte sich ändern. Bild: dpa

Wenn die Schleswig-Holsteiner das nächste Mal wählen gehen, wird einiges anders sein - vielleicht sogar schon auf dem Wahlzettel: Nach den jetzt vorliegenden Entwürfen der Kieler Landtagsfraktionen und des Vereins Mehr Demokratie für ein neues Landeswahlrecht dürften die Wähler mit einem, zwei oder vier Kreuzen bestimmen, wie ihr Landtag zusammengesetzt ist. Am Mittwoch treffen sich Vertreter aller Fraktionen beim Landtagspräsidenten, um die verschiedenen Vorschläge für ein neues Gesetz zu diskutieren.

Ziel ist ein neues Wahlrecht, das von allen mitgetragen wird. Doch die bisher vorgelegten Vorschläge der Fraktionen gehen weit auseinander: Bisher wählen die Bürger in Schleswig-Holstein mit der ersten Stimme den Direktkandidaten aus dem Wahlkreis, mit der zweiten eine Partei - sie bestimmt das Verhältnis zwischen den Parteien. Theoretisch.

Die Frage ist, was zu tun ist, wenn von einer Partei mehr Direktkandidaten in den Landtag gewählt werden, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis Mandate zustehen - wie die CDU bei der letzten Landtagswahl. Die Konservativen bekamen zusätzliche Sitze zugeteilt, die Überhangmandate. Damit das Verhältnis einigermaßen so gewahrt bleibt, wie es die Bürger mit der zweiten Stimmen bestimmt haben, bekamen die anderen Parteien auch weitere Mandate. Aber nur zum Teil wurde dieser Vorteil der CDU ausgeglichen. Nur deswegen können die Konservativen mit der FDP regieren.

Das bisher vorgeschriebene Prozedere verzerrt das Wahlergebnis und vergrößert den Landtag zu sehr, hat das Landesverfassungsgericht Ende August geurteilt - und ein neues Wahlgesetz eingefordert sowie Neuwahlen angeordnet.

Um Überhangmandate und den erforderlichen Ausgleich unwahrscheinlicher zu machen, gibt es zwei Ansätze aus der Politik: Man kann die Anzahl der Wahlkreise verringern und damit auch den Anteil der direkt gewählten Abgeordneten im Parlament - was die kleinen Parteien FDP, Grüne und SSW befürworten, die keine direkt gewählten Abgeordneten haben. CDU und SPD wollen über eine Rückkehr zum Einstimmensystem reden. Demnach würden die Wähler mit einer Stimme gleichzeitig einen Direktkandidaten und das Verhältnis im Parlament bestimmen. Ein Stimmensplitting - das Aufteilen der Stimmen zwischen dem Direktkandidaten einer großen Partei und der zweiten Stimme für eine kleine Partei - wäre nicht mehr möglich. Das Thema Wahlrecht entzweit also sogar die Koalitionäre CDU und FDP.

Der Verein Mehr Demokratie schlägt als dritte Variante deutlich größere Wahlkreise vor, aus denen vier Kandidaten in den Landtag einziehen. "Das wird dem Umstand gerecht, dass die beiden Volksparteien nicht mehr so stark sind", sagt Sprecher Michael Sibbe. Eine Rückkehr zum Einstimmenwahlrecht hält er für einen "Rückschritt für die Demokratie". "Wir wollen die Wahlkreise so klein wie möglich behalten, so dass die Bürger noch in der Lage sind ihren Kandidaten zu kennen und zu sagen: ,Das ist mein Abgeordneter'", sagt hingegen Werner Kalinka von der CDU. "Für uns wäre es ein Rückschritt wenn er das nicht mehr könnte."

Für Ärger bei den anderen Fraktionen sorgte das Drängeln der Grünen: Die Fraktion legte einen Fahrplan vor, nachdem die Wahl am 25. September 2011 stattfinden sollte. Dafür müsste das Wahlgesetz bereits Ende Januar 2011 den Landtag passieren statt wie bisher geplant im März.

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