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Kidnapping in NigeriaBoko Haram führt die First Lady vor

Während die Islamisten sich zur Geiselnahme Hunderter Schulmädchen bekennen, zweifelt die Präsidentengattin an, dass es überhaupt eine Entführung gab.

Demonstration für die entführten Mädchen in Abuja. Bild: reuters

ABUJA taz | Es schien lange sowieso klar zu sein. Doch erst jetzt hat sich die islamistische Terrorgruppe Boko Haram offenbar per Video zur Entführung von weit mehr als 200 Schülerinnen im nigerianischen Bundesstaat Borno bekannt. Seit mittlerweile drei Wochen sind die Mädchen im Alter von 16 bis 18 Jahren, die in der Nacht zum 15. April aus einem Internat verschleppt wurden, in den Händen ihrer Entführer.

Es gibt unzählige Gerüchte, wonach sie versklavt oder verkauft werden sollen. In Nigeria ist es das Gesprächsthema schlechthin und sorgt für Unverständnis, Kopfschütteln und Wut. Auch bei den Initiatorinnen der #BringBackOurGirls-Proteste. Seit knapp einer Woche organisieren sie fast täglich Demonstrationen in der Hauptstadt Abuja. Viele Menschen begrüßen das, zeigt es doch zumindest ein wenig Engagement. Genau damit hat Nigerias Regierung in den vergangenen drei Wochen nicht geglänzt.

Zehn Tage dauerte es, bis es überhaupt ein erstes Sicherheitstreffen gab. Doch das Ergebnis war mager: Das Militär wolle alles tun, die Mädchen aus den Händen der Entführer zu befreien, hieß es lediglich. Angehörige der Verschleppten sagten, am liebsten würden sie selbst auf die Suche gehen.

Am Montag sind die Protestlerinnen wieder durch Abuja gezogen. Mit Nachspiel. Verschiedenen Berichten zufolge sollen die Hauptorganisatorinnen kurzzeitig verhaftet worden sein. Dahinter steckt ausgerechnet eine Mutter: die First Lady, Präsidentengattin Patience Jonathan. Sie soll die Verhaftung angeordnet haben und bezweifelte außerdem, dass die Mädchen tatsächlich entführt worden sind. Etwa zeitgleich allerdings veröffentlichte Boko Haram das Bekennervideo. Am Tag zuvor hatte Nigerias First Lady noch in einer Fernsehsendung öffentlich über die entführten Mädchen geweint.

Weiter bringt das alles die Regierung aber offenbar auch nicht. Während eines zweistündigen Chats mit Medienvertretern am Sonntagabend ließ Präsident Goodluck Jonathan knapp verkünden, von den Mädchen fehle noch immer jede Spur. Im 57-minütigen Bekennervideo, das der Nachrichtenagentur AFP vorlag, sagte Boko Harams Führer Abubakar Shekau: „Ich habe eure Töchter entführt. Ich werde sie auf dem Markt verkaufen, so Gott will.“

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2 Kommentare

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  • Von Boko Haram würde ich gerne wissen, was sie unter "das große Böse" verstehen. Offenbar ist ihnen nicht klar, dass - in den Augen der Betroffenen und Mitfühlender - sie selbst es sind, wenn sie Eltern so etwas antun. Oder müssen es erst Söhne sein, um überhaupt jemanden dort auf Trab zu bringen?

  • Diese First Lady ist eine Beleidigung für die allermeisten Nigerianer.

    Meine nigerianische Freundin trau sich nicht mehr öffentlich zu sagen woher sie kommt, so sehr schämt sie sich für den Auftritt der First Lady.