„Key to the Kuffs“ von Projekt JJ Doom: Bazille mit Maske
„Key to the Kuffs“ heißt das vertrackt klingende Album des Projekts „JJ Doom“. Es verfolgt eher Bakterienschwärme als Titten und Dollars.
Die rappende Metallfratze ist zurück. Der New Yorker Künstler MF Doom (MF steht für Metal Face) mischt als selbsternannter Bösewicht seit über 20 Jahren den US-HipHop-Underground auf, ohne seine Stahlmaske abzuziehen. Das hat seine Vorzüge: Bei einem ausverkauften Konzert vor einigen Wochen schickte MF Doom nicht zum ersten Mal statt seiner selbst einen maskierten Doppelgänger auf die Bühne, um danach das Offensichtliche zu dementieren.
Mit Publicity als solcher kann der Exzentriker ohnehin wenig anfangen, lieber lässt er sein Werk für sich sprechen. Das ist zwar auch nicht gerade zugänglich, aber eindrucksvoll ist es allemal. „Key to the Kuffs“ heißt das gewohnt vertrackt und verstaubt klingende Album, das er mit dem Produzenten Jneiro Jarel unter dem Projektnamen JJ Doom jetzt veröffentlicht hat. Jetzt, oder vielleicht doch schon 1992?
Bei MF Doom weiß man das nie genau, nicht nur, weil er ein Faible für den East-Coast-Sound der frühen Neunziger hegt, auch bei der Tonqualität legt er großen Wert darauf, dass alles schön schattig und nach vorgestern klingt. Es wirkt fast so, als seien die 15 Songs auf einem Vierspurgerät im verkifften Hobbykeller aufgenommen worden. Die Raps liegen grundsätzlich offbeat und klingen nach routiniertem Freestyle, auf Refrains wird weitgehend verzichtet und auch inhaltlich ist vieles befremdlich – genau das, was den Charme von MF Doom ausmacht.
Die Liebe zum Halbfertigen scheint Produzent Jneiro Jarel zu teilen, so kommt er dem Style seines MCs mit dreckigen Sample-Beats stark entgegen. Der Song „Guv’nor“ etwa könnte ebenso aus den bereits als Klassikern geltenden Alben „Madvillainy“ oder „The Mouse and the Mask“ stammen, die MF Doom jeweils von den Großmeistern Madlib und Danger Mouse produzieren ließ.
Auf sicherem Terrain
Leider setzt Jarel nicht wirklich einen Klangstempel auf das Projekt JJ Doom. Hier und da ertönt zwar ein Hauch von britischem New Wave und Oldschool-House, doch bleibt Jarel meist lieber auf sicherem Terrain.
Immerhin hört man MF Doom erstmals über Synthesizer- und bouncige Clubbeats rappen. Zu Letzteren gehört „Wash Your Hands“, ein Satirestück auf die im HipHop äußerst beliebten Stripclub-Geschichten. Statt von Titten und Ärschen zu schwärmen, verfolgt MF Doom lieber den Werdegang eines Bakterienschwarms, von ungewaschenen Fingern und Händen, über Klotürklinken und Dollarscheinen bis hin zu dem knappen und heiß begehrten Höschen einer Tänzerin.
Große Bedenken
Ein anderer Themensong, auf dem MF Doom sein abstraktes Reimgenie unter Beweis stellt, ist die Kollaboration „GMO“ mit der spröden Portishead-Sängerin Beth Gibbons. Um akustische Gitarrenriffs, Streichersamples und Gibbons’ hintergründig herumflatternde Stimmwellen verschachtelt Doom seine Bedenken über genmanipulierte Lebensmittel. Herrlich! Auf „Winter Blues“ beweist Doom mal wieder sein seltenes Talent, Liebeslieder in unverbrauchten Worten zu schreiben: „Melanin on melanin / Your dude needs to recharge of your velvet skin“.
Ansonsten aber kreisen die assoziativen Phrasenfolgen von MF Doom wie immer ums Extrem-Vage. Mit seinen sonderbaren Bezügen und Sprachbildern verweigert Doom grundsätzlich den Blick in seine Pokerkarten. Als langjähriger Fan hat man gelernt, seinen eigenwilligen Humor zu lieben, auch wenn die Vorstellungswelten vielfach verschlüsselt sind. Gleichzeitig lernt man, sich in Dooms Reimelabyrinth wohl zu fühlen, ohne wirklich zu blicken, worum es gerade geht. Als Einstieg taugt das neue Album „Key to the Kuffs“ demnach weniger. Dafür gibt es von Produzent Jneiro Jarel einfach zu wenig Überraschungen. Seine dahintreibenden Soundcollagen klingen zwar angenehm, ohne MF Dooms bizarres Genuschel wären sie aber nicht halb so interessant.
JJ Doom: „Key to the Kuffs“ (Lex Records/Cooperative Music)
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