piwik no script img

Keine Task Force für StudienplatzvergabeNotfallplan abgelehnt

Die von der Opposition vorgelegten Vorschläge, um den befürchteten Ansturm von Studienplatzbewerben in den Griff zu bekommen, wurden im Bundestag abgelehnt.

Im Wintersemester könnte es noch voller werden an den Hochschulen. Bild: ap

BERLIN taz | Für Studienbewerber und Hochschulen bleibt es spannend: Wer kommt im Oktober tatsächlich zur Erstsemestervorlesung, welcher Platz bleibt leer, wer hat Chancen auf einen Nachrückplatz? Der Versuch von SPD und Linkspartei, kurzfristig Ordnung in das Zulassungschaos an den Hochschulen zu bringen, scheiterte am Freitag im Bundestag.

Die Fraktionen von Union und FDP stimmten mit der Mehrheit der Stimmen gegen den Antrag der SPD, die Bundesregierung solle gemeinsam mit den Ländern eine "Task Force" einrichten, die einen Notfallplan für die Hochschulzulassung entwickelt.

Die Koalitionsfraktionen lehnten auch den Antrag der Linkspartei ab, die derzeit von Hochschule zu Hochschule verschiedenen Zulassungsregeln insbesondere zum Masterstudium einheitlich zu regeln.

Die Hochschulen erwarten zum Wintersemester einen nie da gewesenen Ansturm an Studienanfängern. Nach Prognosen der Hochschulrektorenkonferenz könnten bis zu 500.000 Interessenten Ansprüche auf einen Studienplatz erheben.

Doch das Onlineportal, mit dem die Vergabe der Plätze in diesem Wintersemester zentral koordiniert werden sollte, konnte nicht rechtzeitig freigeschaltet werden. Die Stiftung für Hochschulzulassung, die ZVS-Nachfolgeorganisation, in der Bund und Länder sitzen, verschob den Start im Frühjahr auf unbestimmte Zeit.

Die Vorsitzende des Bundestagsbildungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD), sprach von einer Blamage. Grüne und Linke äußerten die Befürchtung, dass in diesem Jahr trotz Platzmangels wieder Tausende Plätze unbesetzt bleiben könnten.

Prinzip Hoffnung

"Die Regierung schaut beim Zulassungschaos zu", meinte die hochschulpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Nicole Gohlke.

"Union und FDP weigern sich, über das Problem überhaupt nachzudenken", sagte auch SPD-Hochschulexperte Swen Schulz der taz. Es regiere das Prinzip Hoffnung. Dabei sei zu befürchten, dass das sogenannte Dialogorientierte Verfahren auch im nächsten Jahr nicht funktioniere, meinte Schulz. "Dann steht die Bundesregierung mit heruntergelassenen Hosen da."

Wenig Chancen haben auch die Anträge von Grünen und Linken, die staatliche Unterstützung für Schüler und Studierende, das Bafög, zu erhöhen. Der CDU-Abgeordnete Stefan Kaufmann warf der Opposition vor, zu vergessen, dass das auch finanziert werden müsse.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • AL
    Anna Lehmann

    Sehr geehrter Herr Doktor, bezeichnen Sie es als Chaosmeldung, dass der Bundestag den Notfallplan abgelehnt hat? Oder stört sie eher der Begriff "Zulassungschaos"? Für viele Studienbewerber ist die Situation nun mal unübersichtlich, genauso wie für die Hochschulen. Und es ist nicht die taz, die hier für Verunsicherung sorgt, sondern die fehlende Weitsicht der politisch Verantwortlichen für das Dialogorientierte Serviceverfahren. Das ist, wie ich mich überzeugen konnte, ein tolles System, wenn es denn funktioniert. Angebote wie studieren.de sind kein adäquater Ersatz. Aber hilfreich, da stimme ich Ihnen zu. Im Übrigen werden wir uns in einem eigenen Text den Vorzügen eines Studiums im Osten widmen.

  • ND
    Norbert Doktor

    Es ist klar, dass sich Chaosmeldungen besser verkaufen als Artikel, in denen es darum geht, wie Hochschulverwaltungen daran arbeiten, Nachrückverfahren für Studienbewerber zu organisieren, um möglichst vielen Bewerbern zu einem Studienplatz zu verhelfen.

     

    Ja, das Dialogorientierte Serviceverfahren ist nicht rechtzeitig in Gang gekommen. Aber es gab zumindest zwei gut gepflegte Webseiten, auf denen freie Studienplätze gemeldet und gut nachgefragt worden sind (studieren.de und freie-studienplaetze.de).

     

    Für die Hochschule Magdeburg-Stendal gilt, dass der Begriff Zulassungschaos in keiner Weise gerechtfertigt ist. Hier wurden und werden seit August immer wieder potentielle Nachrücker angeschrieben. Frei bleibende Studienplätze kann sich die Hochschule gar nicht leisten! Falls irgendwo Studienplätze nicht besetzt werden, hat das hauptsächlich damit zu tun, dass diese nicht genügend nachgefragt werden oder dass ein Überangebot existiert - je nach Perspektive.

     

    Pauschalurteile über Hochschulen (überfüllt! unsaniert! unmodern! chaotisch!) sind schnell und einfach zu formulieren, treffen nur in vielen Fällen nicht zu. Die Folge ist oft die steigende allgemeine Verunsicherung bei Studienbewerbern. Der differenzierte Blick kann sich aber lohnen, zum Beispiel hier: Im Osten Deutschlands unterscheiden sich die tatsächlichen Verhältnisse nämlich besonders drastisch von den Hau-Drauf-Äußerungen.

     

    Norbert Doktor

    Pressesprecher

    Hochschule Magdeburg-Stendal