Kein Platz für Studierende: Staatsexamen im Zoo

Die Uni Osnabrück ist überfüllt: Jura-Examen müssen in Museen geschrieben werden, während das European Legal Studies Institute mit Prüflingen fremdelt.

Hier räumt der Chef noch selbst Essensreste weg: Ob im Osnabrücker ELSI je wieder Prüfungen stattfinden, war zuletzt unklar. Bild: Elena Scholz/ Uni Osnabrück

HANNOVER taz | An der Uni Osnabrück mit ihren fast 12.000 Studierenden herrscht Platznot. Gerade erst ist bekannt geworden, dass ein ganzer Gebäudekomplex mit Seminarräumen, Bibliothek und Laboren aus Brandschutzgründen abgerissen werden muss. Auch bei den Juristen fehlen Räume: Sie mussten ihr Staatsexamen zuletzt in angemieteten Räumen schreiben – auch weil sie bei ihren eigenen Instituten offenbar nicht überall gern gesehen sind.

In der Osnabrückhalle, die sonst Konzerte oder Parteitage beherbergt, legten die angehenden Juristen ihre Prüfungen ab. Räume mietete das Landesjustizprüfungsamt, das die Staatsexamen organisiert, auch im Museum am Schölerberg. „Das war, als wäre man Teil des Zoos“, berichtet ein Prüfling der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ). Kinder hätten an die Fenster geklopft und gewunken, während der Klausur habe er Flamingos beobachten können.

Der gesamte Fachbereich leide unter Platzmangel, heißt es vom rechtswissenschaftlichen Dekanat. Am European Legal Studies Institute (ELSI) aber mag man Prüflinge dennoch offenbar nur ungern willkommen heißen. „Ich kann das Institut nicht für den Studentenverkehr öffnen“, zitierte die NOZ am Mittwoch ELSI-Leiter Christian von Bar. Sein Institut hat seit 2008 ein eigenes Gebäude: Fast sieben Millionen Euro kostete der Umbau eines Möbelhauses zum schmucken Institut, gefördert von Bund und Land.

„Publikumsverkehr und Nachdenken passen nicht zusammen“, findet von Bar, Lehrstuhlinhaber, Träger zahlreicher Ehrendoktorwürden sowie des Leibniz-Preises der Deutschen Forschungsgemeinschaft, zugleich Sonderberater von EU-Justizkommissarin Viviane Reding.

Als Studierende im Oktober 2013 im ELSI Examen schrieben, hätten sie die Räume verschmutzt hinterlassen. „In Wahrheit räume ich hier die Essensreste weg“, so von Bar gegenüber NOZ. Ihm wird ein ambivalentes Verhältnis zu seinen Studierenden nachgesagt: Seine Vorlesungen seien beliebt, menschlich aber sei es schwierig, heißt es an der Uni. Auf die Aussagen in der Lokalpresse reagierte man dennoch erstaunt bis ungläubig.

Von Bar selbst war für die taz am Mittwoch nicht zu erreichen. Der Professor habe „in dem kurzen Telefonat mit der NOZ nur darauf hingewiesen, dass die Räume des Instituts sehr strapaziert sind und werden“, erklärte die Pressestelle der Universität. Und wiegelte auch in der Raumfrage ab: Schon am Montag – also noch vor dem Bericht der Lokalpresse – habe sich von Bar dafür ausgesprochen, Examen sehr wohl in Hörsälen seines Instituts schreiben zu lassen.

Bei der Fachschaft Jura geht man nun davon aus, dass es in Zukunft keine Probleme mehr geben sollte. Der //www.asta.uni-osnabrueck.de/:Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) dagegen findet deutliche Worte: „Es ist kein Zustand, wenn sich ein Institut zum Elfenbeinturm stilisiert“, sagt Gerrit Leelkok, Asta-Referent für Hochschulpolitik. „Räume, die an der Uni zur Verfügung stehen, müssen selbstverständlich auch Studierenden zur Verfügung gestellt werden.“ Das Argument, Prüflinge hätten Räume unsauber hinterlassen, sei „fadenscheinig“. Von Professoren erwarte man, „dass sie Studierende wie Erwachsene behandeln“.

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