Keine Nacktbilder mehr im „Playboy“: Erfolgreich zugeknöpft
Die legendäre ausklappbare Mitte im „Playboy“ – da blicken Knaben nur noch müde auf. Gibt doch Youporn. Aber was bleibt Hefner?
Schon im September war ein einflussreicher Redakteur des Playboy-Magazins zur Villa seines Chefs, des berühmtesten Bademantelträgers der Welt, Hugh Hefner, aufgebrochen, um ihn im holzgetäfelten Speisesaal mit einem skandalösen Vorschlag zu konfrontieren: Keine Nackten mehr im Magazin!
In einer vergangenen Ära hätte wahrscheinlich schon die bloße Idee ein entsetztes Raunen über Golfplätze und Chefzimmer geweht. Zigarren wären geschockt ausgestampft worden, Krawatten gelockert. Heute sieht das anders aus. Hefner, der welke Greis, der wohl ahnt, dass sich die Bedürfnisse seiner Zielgruppe (der erfolgreiche, urbane, Hetero-Mann) geändert haben, willigte ein: Die Playmates vom US-Playboy müssen sich ab März 2016 anziehen und dürfen nur noch mit „provokanten Posen“ provozieren.
„Zensur! Die Prüden setzen sich durch!“ wird da geschrien – doch viel wahrscheinlicher als die Theorie einer einflussreichen konservativen Masse, die sich bei Nippelblitzern im Fernsehen die Augen zuhält, ist unsere abgebrühte Gesellschaft als Grund.
Eine, in der Schulknaben nur müde aufblicken, wenn ihnen der Papa beim Vater-Sohn-Talk à la „American Pie“ die ausklappbare Mitte des Magazins präsentiert. Jene legendäre Centerfold-Seite mit dem ganzkörpernackten Playmate des Monats. Warum soll so was auch erregen, wenn man sich schon auf dem Smartphone über Porn Hub oder Youporn mehr Nacktheit holen kann, als selbst Hefner lieb ist? Wozu das Bild einer ausgezogenen Studentin Jennifer Müller aus Kassel, wenn das Magazin Vice mit Artikeln wie „Ich habe mir einen Sexsklaven geholt und es war toll“ auftrumpft?
Dass ihr lange schon veraltetes Alleinstellungsmerkmal „Nudity“ nicht mehr zog, fiel den Playboy-Machern schon vor einiger Zeit auf. Im August 2014 verbannten sie nackte Girls von ihrer Website – prompt fiel das Durchschnittsalter der Nutzer von 47 auf knapp unter 30 Jahre und der Traffic kletterte von 4 auf rund 16 Millionen Nutzer pro Monat. Ob das nur an dem braveren Image liegt, ist kaum vorstellbar, gibt es doch schon etliche Magazine, die diese Nische bedienen. Wie selbst Playboy-Geschäftsführer Scott Flanders sagte, gilt eher die Frage: „If you take nudity out, what‘s left?“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen