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Kein Sarrazin-AusschlussSchimpfkanone bleibt in der SPD

SPD-Kommission lehnt Ausschluss ab. Äußerung über Migranten habe der Partei nicht geschadet. Der Ex-Senator fordert nun ein Kopftuchverbot an Schulen.

Auf einer Podiumsdiskussion forderte der ehemalige Senator ein Kopftuchverbot an Schulen. Bild: ap, Jockel Finck

Thilo Sarrazin darf weiter als Sozialdemokrat mit heftigen Sprüchen provozieren - und tut das auch. Den Ausschluss aus der SPD hat eine Schiedskomission des Kreisverbandes Charlottenburg-Wilmersdorf abgelehnt. Sarrazin redet unterdessen ungebremst weiter. Laut Bild-Zeitung hat er bei einer Podiumsdiskussion ein Kopftuchverbot an Schulen gefordert.

Zuletzt hatte Sarrazin im September für einen Eklat gesorgt. In einem Interview mit der Zeitschrift Lettre International hatte Berlins einstiger Finanzsenator unter anderem gesagt, eine große Zahl an Arabern und Türken in Berlin habe keine produktive Funktion, außer für den Obst- und Gemüsehandel. Zudem sagte Sarrazin: "Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert."

Der SPD-Abgeordnete Raed Saleh hatte dies als "rassistisch, sozialdarwinistisch und menschenverachtend" bezeichnet und Sarrazins Ausschluss aus der Partei beantragt. Der Bundesbankvorstand, in dem Sarrazin seit Mai Mitglied ist, hatte aufgrund des Interviews Sarrazins Aufgabenbereich beschnitten.

Zum Ausschluss aus der SPD aber kommt es nicht. Den hat, wie erst am Sonntag bekannt wurde, die Schiedskommission am Mittwoch abgelehnt. Sarrazin habe "weder gegen die Statuten noch die Grundsätze oder die Ordnung der Partei verstoßen", heißt es in dem der taz vorliegenden Begründungsschreiben der Kommission. Schließlich befasse sich das Interview "an keiner Stelle mit der Partei". Auch eine ehrlose Handlung Sarrazins sei nicht zu erkennen. Seine Reduzierung von Arabern und Türken auf die Funktion von Obst- und Gemüsehändlern "kann den Tatbestand der Ehrlosigkeit nicht erfüllen", heißt es in der Begründung.

Saleh will sich damit nicht zufrieden geben. Er wolle seinem Kreisvorstand vorschlagen, in die nächste Instanz zum Landesschiedsgericht zu gehen, sagte Saleh der taz.

Sarrazins neuste Äußerungen sind da nur Öl ins Feuer. "Ich würde Kopftücher im Unterricht untersagen. Sie sind kein religiöses Symbol, sondern ein politisches", zitierte die Bild Äußerungen Sarrazins. Zudem soll eine Zuzugsbegrenzung für Ausländer und einen stärkeren "Integrationsdruck" für in Deutschland lebende Ausländer gefordert haben.

Die Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth forderte daraufhin Sarrazins Entlassung aus dem Vorstand der Bundesbank. Badr Mohammed, Präsidiumsmitglied der Islamkonferenz, bezeichnete Sarrazin als "gefährlichen Prediger auf der christlichen Seite".

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5 Kommentare

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  • B
    Beteigeuze

    Hoffentlich, HOFFENTLICH!!! wird die SPD Sarazzin aus der Partei ausschließen. Dies wäre aus zwei Gründen wünschenswert:

    - Erstens ist die bemerkenswerte geistige Klarheit Sarazzins in keinster Weise für die strukturelle Ausrichting der Sozen zum Thema Migration angemessen, macht sie aber dadurch für viele weiterhin wählbar (Frei nach dem Motto "Es gibt ja doch noch vernünftige Ansichten in der SPD") und

    zweitens gäbe es die Chance, daß Sarazzin zusammen mit anderen mundtotgemachten Klarrednern anderer Fraktionen eine längst überfällige, neue Partei aus dem Taufe heben würde.

     

    Hossa, wär' das nicht fein? *froi*

  • VK
    Volker K.

    Ich liebe diesen Mann. Endlich mal jemand der nicht vor der Presse und den Propagandisten dieses Landes buckelt. Natürlich paßt das nicht ins Konzept. Bisher hat es doch immer funktioniert mit dem medialen Rufmord. Was läuft jetzt falsch? Warum können die grünen Hetzer wie Claudia Roth und Co und die Kriecher der SPD diesen Kerl nicht stoppen?

    Weil ein längst begonnener Prozeß seine kritische Schwelle überschritten hat und nun nicht mehr stoppen läßt. Dem größten Teil der Bevölkerung wird langsam klar, daß er Jahrzehnte lang einer Multikultilüge aufgesessen ist, die leider nun überdeutlich von der Realität überrollt wird. Sarrazin ist für viele ein Vorbild. Für mich auch.

  • A
    Anders

    Wie leicht und befreit das Leben doch plötzlich ist, wenn Claudia den Mund aufmacht und man hatte ihre Partei nicht gewählt. Man bekommt keine Wutanfälle mehr und fühlt sich sogar leicht unterhalten.

  • M
    Martin

    Das wäre ja auch wirklich neu, wenn Rassismus und Fremdenfeindlichkeit für die SPD ein Ausschlussgrund wären. Solange die fremdenfeindlichen Parolen gut ankommen, sieht man keinen Grund. Solche Typen sind für mich unwählbar.

  • W
    wonda

    in alter spd tradition z.b. wilhelm leuschner:

    leuschner,1928 innenminister von hessen, brachte einen "entwurf eines gesetzes zur bekämpfung des zigeunerwesens" ein. nach diesem entwurf mussten sich "zigeuner" einer erkennungsdienstlichen behandlung unterwerfen und sich bei übernachtung polizeilich melden. das gesetz sollte auch denjenigen gelten die "ohne ihrer rasse nach zigneuner zu sein", diesen in ihrer "beschäftigung" oder "lebensweise" gleichen. die spd störte es, dass bei gleichzeitiger massenarbeitslosigkeit "minderwertige ballastexistenzen" durch die fürsorge "künstlich hochgepäppelt" werden sollen. leuschner wurde 1944 von den nazis ermordet, er wurde als widerstandskämpfer erhängt. also bitte, die sarazzins und buschkowskys sollten sich mal genau überleben wem sie hier ins wort bzw. ins hirn reden. eichmänner raus ausm hirn!