Kein Emissionshandel im Ausland: Beim Klima hört die EU auf China
Airlines müssen für Flugreisen von Europa auf andere Kontinente nicht mehr Verschmutzungsrechte für ganze Strecke zahlen. Die EU ist eingeknickt.
BRÜSSEL taz | Neuer Rückschlag für Europas Klimapolitik: Die EU ist unter dem Druck der USA und Chinas eingeknickt – und will für Flugreisen in diese und andere außereuropäische Länder keine Verschmutzungsrechte mehr fordern. Zuvor hatten Amerikaner und Chinesen den Europäern mit dem Entzug von Lande- und Überflugrechten gedroht.
Im Streit über den sogenannten Emissionshandel sei man zu Kompromissen bereit, sagten EU-Diplomaten am Mittwoch in Brüssel. Allerdings müssten sich auch Amerikaner und Chinesen bewegen – und selbst eigene Klimaschutzsysteme einführen. Dann sei die EU bereit, den interkontinentalen Emissionshandel für den Flugverkehr bis 2020 auszusetzen.
Die EU hatte den Emissionshandel in der Luftfahrt im vergangenen Jahr eingeführt. Bisher war geplant, dass die Airlines für Flüge ins EU-Ausland – genau wie für innereuropäische Flüge – Verschmutzungsrechte kaufen müssen. Die Klimagebühren sollten bei der Strecke Frankfurt –Washington also auch für den Flug über den Atlantik erhoben werden. Sie sollten dazu beitragen, umweltfreundliche Maschinen einzusetzen und den Ausstoß von Treibhausgasen zu senken.
Genau darauf will die EU nun verzichten – und nur noch für die Reise über EU-Territorium kassieren. Damit sparen die Fluglinien das Gros der zunächst geplanten Gebühren.
Laut dem Kompromiss sollen die USA und andere Länder bis 2020 „marktbasierte Systeme“ zum Klimaschutz einführen. Nach einem internen EU-Szenario, über das gestern die Nachrichtenagentur AFP berichtete, könnten die weltweiten Emissionen aus der Luftfahrt damit zwischen 2013 und 2050 um 37 Prozent gesenkt werden.
Am Ende doch ein Fortschritt?
Hingegen wären es nur 20 Prozent Minderung, wenn die EU auf ihrem eigenen System bestünde, aber global nicht vorankäme. Wenn dieses Szenario stimmt, wäre der Plan sogar ein Fortschritt für den Klimaschutz. Allerdings ist noch unklar, ob sich Amerikaner und Chinesen auf den Deal einlassen. Nach einem Bericht der FAZ war er bereits vor der Sommerpause eingefädelt worden.
Die EU-Experten berieten über den Vorschlag. Offiziell vorgelegt werden soll er ohnehin erst in drei Wochen – bei der Generalkonferenz der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) im kanadischen Montréal. Dort sollen sich die anderen Staaten auf den EU-Vorschlag verpflichten. Die USA haben bereits Zustimmung signalisiert.
Der Emissionshandel war auch in Europa ins Gerede gekommen. Die Preise für Verschmutzungsrechte waren derart stark gefallen, dass die EU-Kommission einen Teil der Rechte vom Markt nehmen wollte. Das Europaparlament wehrte sich zunächst gegen das sogenannte Backloading, stimmte bei einer zweiten Abstimmung im Juli dann aber doch noch zu.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin