Kein Dialog mit Ägyptens Präsident Mursi: Die Tür ist zugeschlagen
Die Opposition wird nicht auf Mursis „Dialogangebot“ eingehen. Er hatte vorab schon klargestellt, dass er auf fast keine Forderungen eingehen will.
KAIRO afp/dapd/dpa | Im Konflikt um die Politik des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi sind die Fronten weiter verhärtet. Das wichtigste Oppositionsbündnis lehnte am Freitag ein Gesprächsangebot des Staatschefs zur Beilegung der Krise ab und rief zu weiteren Protesten am Nachmittag auf. „Das ist die offizielle Position“, sagte Ahmed Said, ein führender Politiker des Bündnisses „Nationale Heilsfront“ und Chef der liberalen Freien Ägyptischen Partei.
Auch die Jugend-Revolutionsbewegung 6. April erklärte, sie wolle auf diesen Dialog verzichten. Er sei nur ein PR-Gag.
Weitere Kundgebungen seien nötig, weil Mursi „die Tür für jeden Versuch des Dialogs geschlossen hat“, teilte das Oppositionsbündnis mit. Die Menschen „in den verschiedenen Teilen Ägyptens“ sollten daher erneut auf die Straßen gehen und ihren Unmut kundtun.
Tausende Menschen versammelten sich daraufhin in der Hauptstadt Kairo wieder zu einem Protestmarsch gegen Mursi. Die Kundgebungen standen unter dem Motto „Rote Karte für Mursi“.
Auf dem Tahrirplatz hielten einige Demonstranten Transparente mit der Aufschrift „Wir sind gegen die Muslimbrüder, nicht gegen den Islam“ hoch. Ziel war der Präsidentenpalast, vor dem es am Mittwoch zu blutigen Auseinandersetzungen gekommen war. Dabei waren sechs Menschen getötet und mindestens 700 verletzt worden.
Tausende islamistische Anhänger des Präsidenten versammelten sich zugleich zur Beisetzung von zwei am Mittwoch Getöteten an der Al-Aksa-Moschee und beschimpften die Mursi-Gegner als Verräter und Mörder. Auch in anderen Städten Ägyptens wie Alexandria und Luxor gab es Kundgebungen beider Seiten.
Kaum Eingeständnisse
Mursi hatte es am Donnerstagabend in einer Fernsehansprache abgelehnt, den für den 15. Dezember angesetzten Volksentscheid über den islamistisch geprägten Verfassungsentwurf zurückzunehmen, und der Opposition einen „nationalen Dialog“ angeboten. Zu einer Beschneidung seiner vor zwei Wochen eigenmächtig erweiterten Machtbefugnisse zeigte er sich nur teilweise bereit.
Zurücknehmen würde Mursi demnach den Artikel 6 seines Dekrets vom 22. November, der ihm das Recht gibt, „alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um das Land und die Ziele der Revolution zu schützen“. Zu dem besonders umstrittenen Artikel, der die Entscheidungen des Präsidenten der Kontrolle der Justiz entzieht, sagte Mursi jedoch nichts.
US-Präsident Barack Obama zeigte sich am Donnerstag „tief beunruhigt“ über die tödlichen Auseinandersetzungen in Ägypten. In einem Telefonat mit Mursi sagte Obama nach Angaben des Weißen Hauses in Washington, führende Politiker aller politischen Lager sollten ihre Differenzen beiseite lassen und sich auf einen Weg vorwärts einigen.
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