Kein Atomstrom aus Belarus: Läuft nicht bei Lukaschenko

Das AKW Astrawez in Belarus läuft, doch der Vorzeigebau von Lukaschenko hat keine Abnehmer. Baltische Staaten boykottieren den Zulauf.

Besuch bei der AKW-Eröffnung.

Bild vom 7. November: Lukaschenko in Bildmitte ohne Maske und ohne Helm Foto: dpa

KIEW taz | Pünktlich zum 7. November, in Erinnerung an die Oktoberrevolution in Belarus traditionell ein Feiertag, speiste das jüngst fertiggestellte Atomkraftwerk Astrawez Strom in das Netz ein. Bei der Feierstunde im AKW ließ Staatschef Aljaksandr Lukaschenko seiner Begeisterung für das „Wunder“ freien Lauf. „Es sieht aus wie eine alltägliche Angelegenheit. Als würden wir eine Metro-Station bauen. Doch es ist ein historischer Moment, das Land wird Atommacht“, zitiert die staatliche Nachrichtenagentur belta.by den umstrittenen Präsidenten.

Es sei schon Tradition, jedes Jahr zum Feiertag des 7. November wichtige Objekte, die einen Durchbruch bedeuten, einzuweihen, erklärte der sichtlich euphorisch gestimmte Lukaschenko. Und die Besonderheit des diesjährigen 7. November, so Lukaschenko, sei das Anlaufen des belarussischen AKW. „Halb im Spaß sage ich, wir haben jetzt so viel gelernt, nun ist es an der Zeit, ein zweites Kraftwerk zu bauen“, zitiert ihn die staatliche Nachrichtenagentur belta.by.

Daneben schlug er die Gründung einer belarussischen Tochter der russischen Atombehörde Rosatom und eine russisch-belarussische Zusammenarbeit beim Bau von Atomreaktoren in anderen Ländern vor, so belta.by, die auch von einem von Rosatom vorgeschlagenen Bau eines Forschungsreaktors in Belarus berichtet.

Es stellt sich indes die Frage, wer den belarussischen Atomstrom überhaupt abnehmen will. Noch im Juni hatte Lukaschenko gehofft, dass zumindest die baltischen Staaten Atomstrom aus Belarus kaufen werden. 30 Minuten nach Bekanntwerden der ersten Test-Einspeisungen von Atomstrom in das Netz zeigten vergangenen Dienstag die Messgeräte an den Stromleitungen zwischen Belarus und Litauen den Wert 0,0 an. Die litauische Regierung hatte den Bau des belarussischen AKW immer abgelehnt. Schon 2017 hatte das litauische Parlament einen Boykott belarussischen Stroms im Falle einer Inbetriebnahme von Astrawez per Gesetz gefordert. Gleichzeitig erklärte der Direktor des litauischen Netzbetreibers Litgrid, Giedrius Radvila, man werde Belarus auch keinen Zugriff auf die Infrastruktur des Pumpspeicherkraftwerks Kruonis erlauben. Dieses war vor allem gebaut worden, um ein Leistungsdefizit bei einem Ausfall des inzwischen vom Netz genommenen AKW Ignalina ausgleichen zu können.

Auch Polen und die Ukraine wollen nicht

Inzwischen boykottieren neben Litauen auch Estland und Lettland Strom aus Belarus. Auch Polen will keinen weißrussischen Strom. Die Ukraine bezieht seit Mai wegen eines durch Covid-19 bedingten Produktionsrückgangs keinen Strom mehr aus Belarus.

In einer gemeinsamen Erklärung verurteilen die „belarussische Anti-AKW-Kampagne“, die belarussische Partei Die Grünen, das „Zentrum Europäischer Dialog“, die Sozialdemokratische Partei und die Partei Belarussische Christdemokratie den Betrieb des AKW. Es fehle die Lizenz für den Betrieb, viele Sicherheitsprobleme und die Lagerung von Atommüll seien nicht geklärt, heißt es in der Erklärung. Das AKW Astrawez der Baureihe WWER-1200, das von der russischen Atomwirtschaft gebaut und von Russland finanziert wird, hat zwei Reaktoren mit einer Bruttoleistung von jeweils knapp 1.200 Megawatt. Der zweite Reaktor soll 2022 ans Netz gehen.

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