: Kein Après-Ski in Ischgl, aber den Arm in Gips
Hedonistinnen und Hedonisten haben es schwer dieser Tage. Vergnügungen besonderer Art sind verboten oder nur unter harten Bedingungen erlaubt. Was in diesem Winter blieb, war das Skifahren. Das findet, so die Logik der bestimmt von tourismusindustriellen Interessen völlig unberührten Behörden bestimmter Alpenregionen, immerhin im Freien statt, die Gefährdung durch Corona ist also nicht so virulent. Schließlich trägt man draußen ja Helme und im Lift Maske.
Bislang war in dieser Saison also Ski und Rodel gut, was zum einen an den hohen Kollateralschäden bemerkbar wurde, zum anderen an „der guten Buchungslage“. Konkret: In Salzburg ist der skibedingte Krankenstand in den Spitälern fast schon wieder auf Vor-Corona-Level; die Buchungslage steht in den von Deutschen und Österreichern frequentierten Gebieten laut dem Fachblatt Österreich bei 70 bis 80 Prozent; „In jenen Orten, in denen vornehmlich Briten, Dänen, Holländer und Norweger (Omikron-Risikostaaten) absteigen, liegt die Auslastung nur bei 30 bis 40 Prozent“, so das Blatt.
Sogenannte Gipsbomber, wie die Charterflieger aus London in die Skigebiete lustig genannt werden, werden inzwischen schon vor Tirol abgewiesen und umgeleitet. Vorsicht ist die Mutter der Dachlawine, aber: Omikron setzt sich auch in Österreich mehr und mehr durch. Die Impfquote liegt im entsprechenden Niedriglohnsektor des Skitourismusproletariats aus allerlei Gründen nicht allzu hoch; was vor zwanzig, dreißig Jahren noch Billiglohnkräfte aus Ostdeutschland waren, kommt nunmehr hauptsächlich aus den Balkanstaaten, die noch geringere Quoten aufweisen. Kein Wunder, dass auch das legendäre Kitzloch im Après-Ski-Ballermann-Ort Ischgl, legendärer Hotspot null der ersten Welle, wieder wegen ungeimpftem, coronapositivem Personal in die Schlagzeilen geriet.
Und das, obwohl die Einreiseregeln des Ösi-Gesundheitsministers Mückstein ziemlich rigide sind: Mindestens geboostert muss man sein oder 2G+ vorweisen, bevor man überhaupt ins Land und auf die Piste steigen darf.
Ach, es ist ein Gipfelkreuz mit der Seuche, die auch vor Wintersport keinen Halt zu machen scheint. Dabei ist Skifahren an sich gefährlich, wie die hohen Belegungsquoten in den Krankenhäusern und die Beschäftigungswelle bei der Alpinpolizei zeigen. Und jetzt noch das: mildes Tauwetter und die fünfte Welle in Sichtweite. „Für ganz Österreich sieht die Situation im Jänner schlecht aus“, sagt denn auch die Stimme einer Hotelfachfrau. „Es wackelt alles, so streicht TUI schon jetzt Flüge. Es gibt kaum Nachfragedruck aus dem Ausland.“ René Hamann
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